«Das Leben wird nicht dasselbe sein»
Das Coronavirus wird wahrscheinlich für immer bleiben

Regierungen und Unternehmen beginnen zu akzeptieren, dass das Coronavirus kein vorübergehendes Problem ist. Stattdessen dürfte Covid-19 zu langfristigen Veränderungen führen, die es der Gesellschaft ermöglichen, mit dem Virus zusammen zu existieren.
Publiziert: 08.02.2021 um 07:58 Uhr
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Aktualisiert: 29.03.2021 um 19:49 Uhr
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Das Coronavirus ist gekommen, um zu bleiben.
Foto: AFP
Daniel Kestenholz

«Das Virus wird für immer bleiben», sagt der amerikanische Arzt und Soziologe Nicholas Christakis (58). «Wir werden mit dem Virus leben müssen», analysiert «Die Zeit». Und der österreichische Forscher Andreas Leiherer ist wie auch andere Kollegen überzeugt: «Coronavirus wird bleiben.»

Nach und nach scheinen Regierungen und Unternehmen rund um den Erdball zur Einsicht zu gelangen: Covid-19-Impfstoffe wecken zwar Hoffnungen, dass die Pandemie unter Kontrolle gebracht wird. Aber die Realität ist, dass das Lungenfieber wahrscheinlich bleiben wird.

Corona hat das Leben von Menschen bereits grundlegend verändert. Das Virus kann sich seiner Umgebung anpassen, ist leicht übertragbar, bildet neue Stämme und Impfprogrammen sind Grenzen gesetzt. All dies bedeutet, dass Covid-19 noch viele Jahre existieren dürfte.

Welt vor langfristigen Veränderungen

Von grundlegendem und langfristigem durch Corona verursachtem Wandel geht auch das «Wall Street Journal» aus. Demnach werde das neuartige, erstmals Ende 2019 beschriebene Lungenfieber weltweit zu nachhaltige Änderungen des persönlichen und gesellschaftlichen Verhaltens führen.

«Wenn wir die verschiedenen Phasen der Trauer durchlaufen, müssen wir in die Phase der Akzeptanz kommen, dass unser Leben nicht mehr dasselbe sein wird», sagt Thomas Frieden, ehemaliger Direktor der US-Gesundheitsbehörde. «Ich glaube nicht, dass die Welt die Tatsache wirklich verinnerlicht hat, dass dies langfristige Veränderungen sind.»

Die Pandemie bedeutet nicht, dass Coronavirus-Beschränkungen endlos dauern. Vakzine und neue Behandlungsmethoden können schwere Erkrankungen verhindern und die Zahl von Patienten und Todesfällen verringern. Doch die von der Zeitung interviewten Experten sagen, die Welt werde eine andere, als die wir bislang kannten.

Viele Verlierer, aber auch viele Gewinner

So ist die Zukunft des Reisens unklar, wobei die Pandemie-Bekämpfung auch zu einer ganz neuen Industrie führt: Behörden und die Privatwirtschaft planen bereist langfristig für bessere Prävention, wie zum Beispiel moderneren Maskenschutz, gute Belüftung und wirksamere Impfstoffe. Damit entsteht eine neue und hochlukrative Covid-19-Industrie. Es wird in Produkte und Dienstleistungen investiert, um das Virus in Schach zu halten. Damit Menschen ein so normales Leben wie möglich führen können.

Vor dem Ausbruch der Pandemie hätte noch kaum jemand davon geträumt, in bessere Luftqualität in geschlossenen Räumen, in Filter, Schutz-Utensilien oder spezifische Diagnose-Kits zu investieren. Inzwischen ist der Corona-Industriesektor der wohl am rasantesten wachsende Industriezweig weltweit überhaupt.

So zum Beispiel investiert der Schweizer Pharmariese Novartis in neue Covid-19-Therapien. Weltweit sind derzeit mehr als 300 solche Produkte in Entwicklung. Auch sonst hat das Virus in der Schweiz zur Entwicklung von ganz neuen Industriezweigen geführt, nur um die Herstellung von Schutzmasken zu nennen oder die brandneuen Lonza-Anlagen im Wallis, wo der Moderna-Impfstoff in Lizenz massenproduziert wird. Die Viruskrise kennt viele Verlierer, aber auch viele Gewinner.

«Dem Virus geht es ganz gut»

Bessere Impfstoffe und Behandlungsmethoden bedeuten auch nicht, dass das äusserst zähe und anpassungsfähige Covid-19 einfach verschwindet. Doch Forscher gehen davon aus, dass es sich von einer Pandemie in eine endemische Krankheit wandelt. Andere endemische Krankheiten sind die Grippe, Masern oder HIV.

Impfungen werden eine wichtige Rolle dabei spielen, wenn die Pandemie abklingt und Covid-19 endemisch wird. Das Virus dürfte also bleiben – und weiterhin gefährlich sein? «Leute scheinen zu denken, dass ein Virus, wenn es endemisch wird, abgeschwächt wird und nicht mehr so ernst ist», sagt Angela Rasmussen, Virologin an der Georgetown University in Washington D.C.

Das sei ein Missverständnis. Denn normalerweise würden sich Viren so entwickeln, dass sie möglichst viele Menschen infizieren, bevor sie töten. Zumal die meisten Menschen Covid-19 überleben, «gibt es nicht viel Druck für dieses Virus, schwächer zu werden, weil es sich bereits ausbreitet und neue Wirte und neue Gelegenheiten zur Replikation findet, bevor seine Wirte krank werden», so die Wissenschaftlerin. Es gebe keine Zeichen, dass Corona in irgendeiner Form abgeschwächt werde: «Dem Virus geht es ganz gut.»


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