Das Leben von Charles in 130 Sekunden
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Vom scheuen Bub zum König:Das Leben von Charles in 130 Sekunden

Das kommt auf den neuen Regenten zu
Königliche Knackpunkte

Kaum sitzt Charles III. auf dem Thron, muss er sich um mehrere Baustellen kümmern. Dabei kann er sich von seinen Vorfahren inspirieren lassen.
Publiziert: 07.05.2023 um 09:45 Uhr
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Aktualisiert: 07.05.2023 um 10:00 Uhr
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Liebe zur Natur: Der neu gekürte König engagierte sich lange für Klimaanliegen.
Foto: Tim Graham Photo Library via Getty Images
Camille Kündig und Raphael Rauch

Andere sind in seinem Alter schon längst im Ruhestand. Doch für König Charles fängt das Berufsleben (74) gerade erst richtig an, seit ihm gestern die berühmte Imperial State Crown aufs Haupt gesetzt wurde. Und es bleibt ihm nicht viel Zeit, um sich einzuarbeiten: Es warten gleich mehrere Baustellen.

Charles übernimmt das Zepter der britischen Monarchie in Zeiten der Klimakrise. Seine Haltung zu diesem herausfordernden Umstand zeigte sich bereits in seinen frühen Plädoyers für Artenschutz, Biolebensmittel und das Klimaabkommen von Paris.
Zur Krönung sollte ursprünglich ein Terminal des Londoner Flughafens Heathrow nach dem Monarchen benannt werden. Doch laut britischen Presseberichten sprach er sich wegen «ökologischer Bedenken» gegen eine Umbenennung aus.

Gestern wurde der frischgebackene Monarch mit veganem Öl gesalbt statt mit dem traditionellen Salböl, das Ambra enthielt, ein Walsekret. Der König wäre ein perfekter Klimaaktivist. Als Regent indes ist Charles zur politischen Neutralität verpflichtet. Er wird künftig einen schwierigen Balanceakt vollbringen müssen: Bleibt er tatsächlich stumm, dürfte er viele Menschen enttäuschen.

Der scheinbar ewige Kronprinz will die Monarchie in die Jetztzeit bringen und hofft, damit die Herzen der Millennials zu erobern: Laut Umfragen glaubt weniger als ein Drittel der jüngeren Briten, dass die Monarchie eine passende Staatsform für sie ist. Und jüngst sprach sich bei einer Umfrage in sechs Ländern des Commonwealth eine Mehrheit dafür aus, das Königtum abzuschaffen.

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Der Versuch volksnah zu wirken

Doch nur, wenn das Volk, der eigentliche Souverän, hinter ihr steht, hat die Windsor-Dynastie eine Zukunft – was auch Charles zu einem Spagat zwischen Modernisierung und dem Festhalten an Traditionen zwingt. Bei der gestrigen Zeremonie wurden der Kniefall der Herzöge gestrichen sowie die Ehrenplätze auf den Kirchenbänken, die einst Adeligen zustanden, an Bürger vergeben, die sich in sozialen Einrichtungen verdient gemacht haben und aus früheren britischen Kolonien stammen.

Um die Vielfalt der Religionen in Grossbritannien zum Ausdruck zu bringen, wurde der Festzug gen Westminster Abbey von Angehörigen nicht christlicher Glaubensgemeinschaften angeführt. Vertreter des muslimischen, jüdischen, hinduistischen und buddhistischen Glaubens sowie der Sikh halfen bei der Gestaltung des Programms.

Jüngst willigte Charles III. sogar in eine Untersuchung der historischen Verbindungen des Königshauses mit dem transatlantischen Sklavenhandel im 17. und 18. Jahrhundert ein. Aktivisten würdigten dies als positiven Schritt. Inzwischen wird der Neue auf dem Thron bereits als «Woke»-König bezeichnet.

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Zur Modernisierung der Monarchie gehört die – vorsichtige – Reduktion von Prunk und Pomp. Charles III. liess sich gestern in goldener Kutsche durch die Strassen chauffieren, trug eine mit Edelsteinen besetzte Krone und liess die Feierlichkeiten mit einem grossen Popkonzert ausklingen. Über Geld redet man nicht, heisst es in Benimmbüchern – Experten schätzen die Kosten für die Feierlichkeiten jedoch auf zwischen 50 und 100 Millionen Pfund, dass die britischen Steuerzahler sie berappen müssen, kommt mitten in einer Wirtschaftskrise nicht gut an. In den sozialen Medien lag in den letzten Wochen der Hashtag #NotMyKing im Trend. Doch auch wenn es der gestrige Tag nicht an Glamour fehlen liess, zeigt sich das frisch gekürte Staatsoberhaupt um Verschlankung bemüht. Für die Zeremonie hatte er 6000 Gäste weniger eingeladen als die Queen bei ihrer Krönung vor 70 Jahren. Auch Dauer und Route der anschliessenden Prozession durch Londons Zentrum liess er abkürzen.

Der Monarch wechselte nicht annähernd so häufig die Kleider wie seine Mutter Elizabeth – und Königin Camilla trug statt einer funkelnagelneuen Krone ein aufgehübschtes Erbstück.

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Bedeutungslose Kirche

Dessen ungeachtet hat Charles mit Knatsch in seiner Kirche zu kämpfen. Als König ist er zugleich Oberhaupt aller Anglikaner. Nur: Die Church of England befindet sich in einer tiefen Krise. Lediglich zwei Prozent der jungen Erwachsenen in Grossbritannien identifizieren sich mit ihr, die Mitgliederzahl schrumpft rasant.

Auch ist die anglikanische Kirche in der Frage der Homosexuellen-Ehe gespalten. Zwar sollen sich gleichgeschlechtliche Paare künftig segnen lassen dürfen – im Februar stimmte die Generalsynode, eine Art kirchliches Parlament, nach stundenlanger Debatte in London dafür. Verheiraten will die Kirche gleichgeschlechtliche Paare aber weiterhin nicht. Ende letzten Jahres untersagte der britische Klerus Mpho Tutu van Furth (60) die Leitung eines Trauergottesdienstes, weil die Priesterin, Tochter der südafrikanischen Antiapartheid-Ikone Desmond Tutu, mit einer Frau verheiratet ist.

Die Konflikte in der Familie Windsor wollen, wie es aussieht, ebenfalls nicht abflachen. Prinz Harry (38) hatte am Wochenende seinen ersten Auftritt an der Seite der Royals, seit er in seiner Autobiografie mit seinen Angehörigen abgerechnet hatte.

Zur Prozession von Westminster Abbey zum Buckingham-Palast, wo sich seine Familie auf dem Balkon postierte, war Harry jedoch nicht eingeladen. Meghan, seine Gattin, blieb in Los Angeles (USA) und veranstaltete dort ihre eigene Feier: Der 6. Mai war auch der vierte Geburtstag ihres Sohns Archie. Palastinsider liessen in der britischen Presse verlauten: «Charles ist sehr enttäuscht, dass er Meghan (41) oder seine Enkelkinder nicht sehen wird.»

Zwei andere Verwandte dürften gestern in seinen Gedanken nicht gefehlt haben: Lord Louis Mountbatten (†79) war der Mentor des britischen Monarchen. Als Prinz suchte er gerne den Rat des Lords und nannte ihn liebevoll «Onkel Dickie». Mountbatten war als letzter Vizekönig von Indien zuständig für den Übergang der vormals grössten und wichtigsten Kolonie in die Unabhängigkeit. Im Jahr 1979 erlag er in der Hafenbucht von Mullaghmore (Irland) einem Anschlag der IRA. Der ehemalige Generalstabschef Grossbritanniens war mit seinem Fischerboot ausgelaufen, als es plötzlich in einem gewaltigen Feuerball explodierte.

Elizabeth II. (1926–2022) lobte ihren Sohn Charles mehrfach als Vorbild «selbstloser Pflichterfüllung». Sie könnte ihn auch im Hinblick auf die Modernisierung des Königshauses inspirieren: Die Queen führte die Monarchie trotz vieler Widerstände ins TV-Zeitalter.

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