Wenn Diktator Kim Jong Un (33) am TV wieder mal mit dem Säbel rasselt, steht in Nordkorea die Welt still. Das Volk hört ihm vor öffentlichen Monitoren artig zu und applaudiert, wenn der Präsident über die USA herzieht und mit der Atombombe droht.
Kaum aber sind die Hasstiraden verklungen, greifen die Nordkoreaner wieder zu ihren Handys. André Lüthi (56), Mitinhaber Globetrotter Group, berichtet von seiner letzten Reise nach Nordkorea im Jahr 2016: «Ich war erstaunt, wie viele in Pjöngjang ein iPhone besitzen. Ausgerechnet ein Produkt des Erzfeindes!»
Fast wie im Verkehrshaus
Überhaupt seien im Alltag der Nordkoreaner immer wieder Produkte aus den USA zu sehen. Auf den Strassen der Hauptstadt Pjöngjang sei Lüthi einem Jeep Cherokee begegnet, und an den Universitäten würde das amerikanische Betriebssystem Windows benützt.
Etliche Kinder und Jugendliche aus der Hauptstadt verbringen viel Zeit in Spielhallen, um sich mit Gameboys zu messen oder Comics zu lesen. «Es sind wie Weiterbildungstempel, in denen man auch was lernen kann. Fast wie im Verkehrshaus in Luzern.»
Klingt offen und modern – doch die Nordkoreaner leben eingeschränkt. Telefonieren können sie nur im Inland. Google und Yahoo gibt es nicht, nur ein eigenes, sehr bescheidenes Internet steht zur Verfügung.
Musik und Pornos auf Sticks
USB-Sticks mit westlicher Musik, amerikanischen Filmen und Pornos sind daher der Renner. Gegen ein Schmiergeld an der Grenze können die kleinen Datenträger relativ einfach aus China ins Land geschmuggelt werden.
Oft kopiert wird zurzeit auch das Video mit der Anleitung, wie man sich selber das Augenlid verschönert. Wie die Südkoreanerinnen lassen sich immer mehr Nordkoreanerinnen ihre Lider operieren, damit beim Öffnen des Auges eine Falte entsteht. Das lässt sie europäisch aussehen. In Nordkorea werden in vielen Hinterhöfen Schönheits-OP für ein paar Dollar angeboten. Oder eben: Man führt den Eingriff selber aus.
Aber Achtung: Wer mit verbotenem Datenmaterial erwischt wird, muss mit drakonischen Strafen rechnen. Kims Leute sind überall, oft hören sie auch Telefongespräche ab. Für Einheimische ist der Kontakt zu Ausländern verboten.
André Lüthi ist aufgefallen, dass sich die Nordkoreaner sehr pflegen. Bei den Frauen sei es zurzeit in, die Haare auftoupiert zu tragen. «In Nordkorea fühlt man sich einmal in einer modernen Welt und ein andermal wie um Jahrzehnte zurückversetzt.»
Die Schweiz ist für die Nordkoreaner ein unbekannter Fleck
Krass ist der Gegensatz von der Hauptstadt zum Land. Hier verrichtet der Bauer noch mit dem Ochsen die Arbeit auf dem Feld. Immer wieder bricht das Stromnetz zusammen. In ihrem Buch «North Korea Confidential» berichten zwei junge britische Journalisten, wie die Landbewohner in ihren Vorgärten Gemüse anbauen, um es an kleinen Märkten an der Strasse zu verkaufen.
Die Häuser auf dem Land sind einfach. Weil oft der Strom fehlt, sind bei vielen Wohnungen Sonnenkollektoren zu sehen. Im Innern seien die Häuser aber sehr gepflegt, hat Lüthi bemerkt. «Meistens herrscht wegen der unkontrollierbaren, mit Holz oder Gas betriebenen Bodenheizung auch eine extreme Wärme.»
Über die Schweiz wüssten die meisten Nordkoreaner nichts und über den Westen nur gerade das, was ihnen eingetrichtert werde. Lüthi: «Die Nordkoreaner kommen über den Westen vor allem zu hören, dass eine hohe Arbeitslosigkeit und Suizidrate herrsche und die Menschen daher frustriert seien.»
«Vielleicht einfach mal in Ruhe lassen»
An den vielen Schulen und mit manipulierten Medien wird den Nordkoreanern eingeimpft, dass man sie angreifen wolle. Lüthi ist davon überzeugt, dass sie keinen Krieg anzetteln wollen. Sie fühlten sich in die Ecke gedrängt und provoziert. Sie meinten, dass die westliche Welt etwas gegen sie hätte und sie sich verteidigen müssten. Lüthi meint daher: «Man sollte die Menschenrechtsverletzungen zwar immer wieder klar verurteilen, aber die Nordkoreaner vielleicht einfach mal in Ruhe lassen.»
André Lüthi ist in den vergangenen zehn Jahren vier Mal nach Nordkorea gereist. «Einmal sehen ist besser als tausend Mal hören», ist er überzeugt. Der Tourismus helfe, ein System aufzuweichen. «Auch wenn ich mit den 20 bis 30 Schweizer Nordkorea-Reisenden im Jahr kein Geld verdienen kann, will ich auf diese Weise etwas zur Bewusstseinsbildung auf beiden Seiten beitragen.»
David John, Hyeonseo Lee: «Schwarze Magnolie»
Hyeonseo Lee wurde in Nordkorea geboren. Als Siebenjährige erlebt sie erstmals eine öffentliche Hinrichtung. Zur Zeit der grossen Hungersnot in den 90er-Jahren flieht sie nach China. Dann versucht sie, ihre Familie zu retten. Heyne-Taschenbuch, Fr. 14.90
Blaine Harden: «Flucht aus Lager 14»
Blaine Harden erzählt die Geschichte des 1982 im sogenannten Lager 14 geborenen Shin. Der Zeugenbericht schildert das Schicksal eines jungen Mannes, dem wie durch ein Wunder die Flucht in die Freiheit gelingt. Spiegel-Taschenbuch, Fr. 16.90
Tom Clancy, Mark Greaney: «Mit aller Gewalt»
Der Thriller liest sich wie ein Report dessen, was jetzt in Nordkorea passiert. Eine nordkoreanische Interkontinentalrakete stürzt ins Japanische Meer! Die USA schicken Agenten los, um den jungen und noch unerfahrenen Diktator Nordkoreas zu stoppen. Heyne-Taschenbuch, Fr. 17.90
Rüdiger Frank: «Nordkorea»
Das Buch des Wiener Ostasien-Professors Rüdiger Frank gilt als bestes deutschsprachiges Buch über Nordkorea. Er beschreibt anschaulich und bis ins Detail die Machtstrukturen und die wirtschaftlichen Verhältnisse im Land, das Geschichtsverständnis der Nordkoreaner und ihren Alltag.
Pantheon-Taschenbuch, Fr. 22.90
Christian Eisert: «Kim und Struppi»
Der Autor schrieb früher Gags für Harald Schmidt. Sein Bericht über «Ferien in Nordkorea» wurde ein Bestseller. Locker und amüsant beschreibt er, was er – mit einer falschen Identität reisend – erlebt hat. Und zwar so, dass er davon ausgeht, nie wieder ein Visum für Kim Jong Uns Land zu erhalten. Ullstein-Taschenbuch, Fr. 14.90
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