Rund 2700 Frauen und Mädchen der jesidischen Minderheit sind in Gefangenschaft der IS-Terrormiliz im Irak. Doch nun will sie die Amerikanerin Amy L. Beam retten. Die Rentnerin startete das Projekt «Liberation Iraq Christian & Yazidi» (CYCI), das via Crowdfunding Geld sammelt, um die Frauen und Mädchen, die als Sexsklavinnen gehalten werden, zu befreien. Mit anderen Worten: Die Frauen herauszukaufen.
Im Moment recherchiert Amy L. Beam in Dohuk, im kurdischen Gebiet des Iraks. Dort sucht sie Familien von gefangenen Frauen und dokumentiert ihre Namen.
Für die Spendenaktion verantwortlich ist der Geschäftsmann Steve Mamon aus dem kanadischen Montreal. Seit Juli hat er über die Website «GoFundMe» bereits rund 483'000 US-Dollar gesammelt.
Mamons Inspiration für das Projekt war Oskar Schindler, ein deutscher Unternehmer, der mehr als tausend Juden vor dem Holocaust rettete. Seine Geschichte verfilmte Steven Spielberg 1993 in «Schindlers Liste.»
«Wenn Schindler getan hat, was nunmal nötig war, um die Juden zu retten, können wir uns nicht zurücklehnen und schweigen», sagt Kelly Amram, eine Freiwillige der CYCI gegenüber «Radio Free Europe.»
Zwar gibt es keine genauen Zahlen über die Anzahl gefangener Frauen und Mädchen, doch CYCI schätzt, dass es mindestens 2700 sind. Ein Unterhändler verlange 2000-3000 US-Dollar, um eine einzige Frau aus der Gefangenschaft zu befreien. «Ziel ist es, genug Geld zu haben, um alle Frauen zu retten. Um diese Mission zu erfüllen, brauchen wir etwa 9-10 Millionen US-Dollar», sagt Amram.
Ethik in der Zeit der Sklaverei
Trotz des guten Willens, ist das Projekt auch umstritten – viele fragen sich, ob es ethisch vertretbar ist, die gefangenen Frauen mit Geld herauszuholen.
«Willst du dieses Geld dazu nutzen, um die Menschen aus der Gefangenschaft zu kaufen? Heisst das nicht, dass das Geld dazu verwendet wird, um den menschlichen Handel zu fördern?», schreibt beispielsweise ein Kritiker auf der Website von CYCI.
«Es gibt keine andere Möglichkeit. Wenn wir die Frauen nicht zurück kaufen, werden sie zerstört», kontert CYCI-Mitglied Canon Andrew White, ehemaliger Pfarrer in Bagdad. Die Zahlungen sollen durch Zwischenhändler erfolgen – über lokale Araber oder Kurden, die über den Kauf der Frauen verhandeln. Laut White sei dies mit Risiken verbunden – in den vergangenen Wochen seien schon einige Unterhändler getötet worden.
Flucht aus der Hölle
Im Wesentlichen gäbe es zwei Wege, wie die Frauen ihre Freiheit zurückerlangen könnten.
Der erste Weg sei härter und seltener: Wenn es eine Frau schafft, das Telefon eines IS-Kämpfers an sich zu reissen und jemanden anzurufen, der ihr helfen könnte, gelingt ihr vielleicht die Flucht. «Das ist aber sehr schwierig», sagt Beam.
Die andere Möglichkeit käme häufiger vor: Hierbei versuchen sich die Frauen während einer Vergewaltigung so stark zu wehren, dass ihr Peiniger irgendwann gelangweilt ist und sie verkauft – wenn sie Glück hat, landet sie bei einem Unterhändler. (mrb)