Corona-Hölle Indonesien
Täglich mehr Tote als Indien auf dem Höhepunkt

Noch im Frühjahr lieferte die Regierung in Jakarta Tausende Sauerstoffgeräte nach Indien. Nun geht dem Inselstaat selbst die Luft aus.
Publiziert: 21.07.2021 um 16:57 Uhr
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Aktualisiert: 21.07.2021 um 17:30 Uhr
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Covid-19-Patienten werden in einem Zelt behandelt – weil die Spitäler voll sind.
Foto: AFP

Indonesien ist das neue asiatische Corona-Epizentrum. Lange blieb der Inselstaat weitgehend von der Pandemie verschont – doch jetzt verzeichnet Indonesien mehr tägliche Neuinfektionen als Indien und sogar mehr tägliche Tote (im Verhältnis zur Bevölkerung) als Indien auf seinem bisherigen Pandemie-Höhepunkt.

Die Delta-Variante breitet sich im Inselstaat rasend schnell aus, trifft auf eine kaum geimpfte Bevölkerung – und ein miserables Gesundheitssystem.

Bereits seit dem Fastenbrechen nach Ramadan Ende Mai steigen die Infektionszahlen. Am 15. Juli meldete das 290-Millionen-Einwohner-Land gar 56'757 Neuinfektionen. Es war der vorläufige Spitzenwert. Doch während die Fallzahlen seither leicht abnehmen, steigen die Todeszahlen noch immer: Am Dienstag waren es 1280 Corona-Tote.

Diese Zahlen sind im Verhältnis zur Bevölkerung deutlich niedriger als auf dem Pandemie-Höhepunkt der Schweiz. Und auch der geringe Altersdurchschnitt von rund 30 Jahren – in der Schweiz sind es 43 Jahre – sorgt trotz hoher Durchseuchungsrate für vergleichsweise wenig Tote. Doch die Lage vor Ort ist dramatisch.

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Auch immer mehr Kinder sterben

Auf Java, der bevölkerungsreichsten Insel, seien die Krankenhäuser überlastet, berichtet die «Jakarta Post». Der Sauerstoff zur Beatmung von Covid-19-Patienten werde immer knapper. Die Menschen sterben auf Parkplätzen, in Autos und in ihren Wohnungen, schreibt die «FAZ». Kein Krankenhaus nimmt sie auf.

Und auch Kinder sind schwer betroffen. Laut einem «CNN»-Bericht hat sich die Zahl der Kinder, die in Indonesien an dem Virus sterben, in den letzten Wochen vervierfacht. Mehr als 550 Kinder sind seit Beginn der Pandemie gestorben – etwa 27 Prozent davon allein in den ersten Juliwochen.

In Indonesien kommt auf 5000 Menschen nur ein Arzt, die WHO listet das Gesundheitssystem des Inselstaats weltweit auf Rang 92. Und: Erst sechs Prozent der Bevölkerung sind geimpft.

Bei der Impfquote setzt die indonesische Regierung an. Bereits Ende Juni verkündete Staatspräsident Joko Widodo (60) das Ziel, bis August bis zu zwei Millionen Impf-Dosen am Tag zu verabreichen.

Präsident will Corona-Massnahmen trotz Delta lockern

Noch bis Ende Juli gelten ausserdem fast landesweite Notfallbeschränkungen. Die ursprünglich auf Java und Bali beschränkten Corona-Massnahmen, zu denen Restaurant-Schliessungen und eine weitgehende Homeoffice-Pflicht gehört, musste angesichts der hohen Infektionszahlen auf 15 weitere Regionen ausgeweitet werden.

Am Dienstag teilte Widodo jedoch laut «Jakarta Post» mit, dass die Regierung «ermutigende Anzeichen» sehen würde, um die Massnahmen möglicherweise schon frühzeitig zu lockern. Indonesiens Präsident behauptete, die Zahl der Neuinfektionen und der Hospitalisationen sei rückläufig.

Wahrscheinlicher dürfte der wirtschaftliche Druck sein. Besonders Gastarbeiter auf der beliebten Ferieninsel Bali gelten als vom Lockdown stark betroffen. Jenen, die sonst den Tourismus am Laufen halten, fehlen Arbeit, Essen – und das Geld fürs Ticket nach Hause. (kin)

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