Hillary Clinton hat ihre bislang schärfste politische Rede seit ihrer Wahlniederlage gehalten: Darin warf sie Präsident Donald Trump am Freitag eine Politik zu Lasten der sozial Schwachen sowie die systematische Verbreitung von Falschinformationen vor.
Clinton sprach bei einer Abschlussfeier des Wellesley College im Bundesstaat Massachusetts. Diese private Hochschule für Frauen hatte sie selbst einst besucht. In ihrer immer wieder von tosendem Applaus begleiteten Rede erinnerte Clinton an die damaligen Zeiten - um indirekt eine Parallele zu Trump zu ziehen: Sie und ihre Kommilitoninnen seien Ende der sechziger Jahre «wutentbrannt» über die Wahl Richard Nixons gewesen, «dessen Präsidentschaft schliesslich in Schande endete».
Nixon war 1974 im Zuge des Watergate-Skandals um einen Lauschangriff auf die Demokraten zurückgetreten, nachdem der Kongress ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eingeleitet hatte. Trump steht derzeit wegen der Affäre um mutmassliche russische Einmischungen in den US-Wahlkampf und die dubiosen Russland-Kontakte von Mitarbeitern seiner Kampagne massiv unter Druck.
«Chardonnay hat geholfen»
Clinton war während des Wahlkampfs mehrfach durch mutmasslich von russischen Hackern verübte Cyberangriffe und die daraus resultierende Veröffentlichung von Interna in Bedrängnis geraten. Auf die Russland-Affäre und die Umstände ihre Wahlniederlage ging sie in ihrer Rede aber nicht näher ein.
Stattdessen witzelte die 69-Jährige, zwar seien die Dinge für sie «nicht ganz so gelaufen wie geplant», doch sei sie «okay». Seit der Wahl im November habe sie viel Zeit mit ihren Enkelkindern verbracht, lange Waldspaziergänge unternommen und ihre Kleiderschränke in Ordnung gebracht. Clinton fügte hinzu: «Ich werde nicht lügen, Chardonnay hat auch ein bisschen geholfen», womit sie ihre Lieblings-Weinsorte verriet.
In einer weiteren Anspielung auf Trump sagte die Demokratin, in den heutigen Zeiten finde ein «Totalangriff auf die Wahrheit und die Vernunft» statt. Dabei leugneten manche sogar Dinge, «die wir mit unseren eigenen Augen sehen können, wie etwa die Grösse von Menschenversammlungen». Clinton bezog sich damit auf Trumps Versuche, die Grösse der Zuschauermenge bei seiner Vereidigung aufzubauschen.
Trumps Budget ein «Angriff von unvorstellbarer Grausamkeit»
Die Ex-Präsidentschaftskandidatin griff auch das von der Trump-Beraterin Kellyanne Conway geprägte Unwort von den «alternativen Fakten» auf: «Wenn Menschen an der Macht ihre eigenen Fakten erfinden und jene angreifen, die dies in Frage stellen, kann dies der Anfang vom Ende einer freien Gesellschaft sein», warnte sie.
Trumps Haushaltsentwurf geisselte Clinton als «Angriff von unvorstellbarer Grausamkeit» auf die «am meisten verwundbaren» Gruppen. Die Kürzungen von Haushaltsmitteln träfen «die Jüngsten, die Ältesten, die Ärmsten und hart arbeitende Menschen, die ein bisschen Hilfe brauchen».
Clinton hatte kürzlich eine eigene politische Organisation gegründet. Mit Onward Together («Gemeinsam voran») will sie Menschen ermutigen, sich politisch zu engagieren und Widerstand gegen Trump zu leisten. Clintons Auftritt ist nach einem CNN-Bericht als Anzeichen ihres wieder wachsenden öffentlichen Engagements zu werten. Die Demokratin war Trump im November 2016 überraschend unterlegen. (SDA)