"Wir hoffen, dass die internationale Gemeinschaft die Lage ernst nimmt und uns hilft", sagte Taiwans Präsidentin Tsai Ing-Wen am Samstag vor Vertretern ausländischer Medien in Taipeh. Wenn es keine Unterstützung für ein demokratisches Land gebe, das bedroht werde, stelle sich die Frage, welches Land "als nächstes an der Reihe" sei.
Peking führe eine "gezielte Kampagne" gegen Taiwan. Das zeige sich auch in Chinas Absicht, Verhandlungen mit taiwanischen Oppositionsparteien statt mit der Regierung aufzunehmen. Es gehe Peking darum, "unseren demokratischen Prozess umzukehren und unsere Gesellschaft zu spalten", sagte die Präsidentin.
Sie forderte die Verbündeten auf, Taiwans Souveränität gegenüber Pekings zunehmend aggressiver Rhetorik zu verteidigen. Die USA beispielsweise haben zwar Taiwan nicht diplomatisch anerkannt, doch ist Washington der engste politische und militärische Verbündete der Insel.
Tsai Ing-Wen reagierte auf Äusserungen des chinesischen Präsidenten Xi Jinping, der eine Wiedervereinigung mit Taiwan gefordert hatte und dabei auch den Einsatz von Gewalt nicht ausschloss. Am Freitag legte Xi nach und erklärte, die Streitkräfte seines Landes müssten stets kampfbereit sein, um den zunehmenden Herausforderungen trotzen zu können. Dabei berief er sich allerdings nicht ausdrücklich auf Taiwan.
Die Volksrepublik betrachtet Taiwan nach dem Ein-China-Prinzip als Teil Chinas. Xi erklärte, der grossen Mehrheit der Menschen auf Taiwan sei bewusst, dass die Unabhängigkeit Taiwans in eine "grosse Katastrophe" führen werde. Tsai sagte, ihr Land werde das von China propagierte "ein Land, zwei Systeme" nicht akzeptieren.
Taiwan hatte sich 1949 von der Regierung auf dem Festland losgesagt, nachdem sich im Bürgerkrieg die Kommunisten durchgesetzt und ihre Gegner, die Kuomintang unter Chiang Kai-shek, sich auf die Insel Taiwan abgesetzt hatten.