Kurz vor Beginn des Verfahrens wegen «Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt» sei die Verhandlung am Freitag von dem Gericht in der zentralchinesischen Stadt Wuhan abgesagt worden, berichtete Qins Anwalt Liu Zhengqing gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
«Der Prozess wurde einfach verschoben», sagte der Anwalt, der sich ratlos zeigte. «Wenn sie ihn verschieben wollen, verschieben sie es. Und wenn das Gericht das Verfahren aufnehmen will, dann tut es das. Wir können es nicht ergründen.».
Der Fall von Qin Yongmin und seiner Frau Zhao Suli, die im Januar 2015 in Behördengewahrsam verschwunden waren, hat bei internationalen Menschenrechtsgruppen Empörung ausgelöst. Erst im Juni 2016 war Qin Yongmin formell der «Subversion» beschuldigt worden. Das Schicksal seine Frau ist bis heute ungeklärt.
«Jedes Mal, wenn wir mit dem Richter und dem Staatsanwalt verhandeln, fragen wir nach ihr», sagte der Anwalt. Es gebe aber keine Antwort über den Verbleib der 44-Jährigen. «Wenn sie noch lebt, können wir sie nicht finden - und wenn sie tot ist, finden wir ihre Leiche nicht», sagte Liu Zhengqing.
Qin Yongmin ist ein Veteran der Menschenrechts- und Demokratiebewegung in China. Der 64-Jährige hat wegen seines Engagements schon Haftstrafen von insgesamt 22 Jahren abgesessen. Er war in den 90er Jahren Mitbegründer der Demokratischen Partei, die sich vergeblich neben der alleinherrschenden Kommunistischen Partei an mehreren Orten registrieren lassen wollte.
2010 wurde Qin Yongmin aus der Haft entlassen und wurde politisch wieder aktiv, was ihn erneut ins Visier der Staatssicherheit brachte. Seit drei Jahren ist er wieder in Haft und wartet auf den neuen Prozess.
«Es ist empörend, dass das Gericht plötzlich verkündet, dass es ein Verfahren gibt, es dann aber überraschend wieder absagt, ohne einen guten Grund zu nennen», sagte Patrick Poon von Amnesty International in Hongkong. Der Fall zeige den Mangel an Respekt für die eigenen Gesetze.
«In keinem Fall kann Qin Yongmin ein gerechtes Verfahren bekommen.» Es sei auch «alarmierend», dass seine Frau seit drei Jahren vermisst werde. Er forderte Chinas Regierung auf, sich an ihre eigenen Gesetze zu halten, internationale Menschenrechtsstandards einzuhalten und den Aufenthaltsort der Ehefrau zu enthüllen.
Diese Woche waren bereits der systemkritische chinesische Blogger Wu Gan und der Anwalt Xie Yang wegen «Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt» verurteilt worden. Wu Gan, der sich nicht schuldig bekennen wollte, erhielt acht Jahre Haft. Dagegen wurde bei Xie Yang, der kooperierte und auch Vorwürfe wegen Misshandlungen in Haft widerrief, von einer Gefängnisstrafe abgesehen.
Deutschland und die USA hatten die Verfahren deutlich kritisiert und China zur Einhaltung rechtsstaatlicher Normen aufgefordert. Wu Gan solle umgehend freigelassen werden, während Xie Yang wieder frei als Anwalt arbeiten können sollte, forderten die deutsche und amerikanische Botschaft in Peking in einer gemeinsamen Stellungnahme. Menschrechtler beklagten, dass Chinas Strafverfolgungsorgane gerne um Weihnachten und Neujahr Dissidenten vor Gericht stellen, weil dann die internationale Aufmerksamkeit nicht so gross ist.