Chile
Nach tödlichem Polizeischuss: Chiles Präsident besucht die Mapuche

Temuco – Chiles Präsident Sebastián Piñera hat nach dem Tod eines jungen Mannes vom indigenen Volksstamm der Mapuche bei einem Polizeieinsatz am Freitag die Region Araucanía im Süden des Landes besucht. Die Familie des Opfers traf er indes nicht.
Publiziert: 24.11.2018 um 01:29 Uhr
|
Aktualisiert: 24.11.2018 um 00:30 Uhr
Nach dem Tod von Camilo Catrillanca bei einem Polizeieinsatz in Chile gibt es eine landesweite Protestwelle, die der chilenische Präsident Sebastián Piñera am Freitag zu beruhigen sucht.
Foto: KEYSTONE/AP/ESTEBAN FELIX

"Wir werden weiterhin alles Notwendige tun, damit die Wahrheit ans Licht kommt und die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden", sagte Piñera. Ein Treffen mit der Familie des Opfers schloss der Präsident allerdings aus.

Am Mittwoch war ein Mapuche bei einem Polizeieinsatz in der Provinz Malleco getötet worden. Nach Angaben der Polizei erlag der 24-jährige Camilo Catrillanca einem Kopfschuss, nachdem er in einen Einsatz der militarisierten Polizei, der Carabineros, hineingeraten war. Offiziellen Angaben zufolge hatte die Polizei eine Gruppe mutmasslicher Autodiebe bis in die indigene Gemeinde verfolgt und war mit automatischen Feuerwaffen beschossen worden.

Mapuche-Führer beklagten im Radiosender Cooperativa, dass die Carabineros in die Gemeinde eingedrungen seien, wahllos geschossen und dadurch den Tod Catrillancas provoziert hätten. Als Reaktion auf seinen Tod kam es zu heftigen Protesten in ganz Chile. Am vergangenen Wochenende nahmen rund 3000 Angehörige der indigenen Völker bei einem traditionellen Begräbnis in der Stadt Temuco Abschied von dem jungen Mann.

In Chile leben rund 1,3 Millionen Mapuche, das entspricht neun Prozent der Bevölkerung. Sie fordern seit Jahrzehnten die Rückgabe von Ländereien im Süden des Landes. Ihre Vorfahren hatten den härtesten Widerstand gegen die spanischen Konquistadoren geleistet. Bis zum 19. Jahrhundert hatten sie ein unabhängiges Gebiet gehabt. Landenteignungen und massive Eingriffe in die Natur wie Staudamm-Projekte führten zu sozialen Spannungen in der Region rund 600 Kilometer südlich von Santiago de Chile.

In den vergangenen Jahren nahmen radikalisierte Mapuche an Landbesetzungen, Brandanschlägen und Gewaltausbrüchen teil. Bei seinem Besuch in Araucanía versicherte Chiles Staatschef, er wolle für die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung, Bürgersicherheit und Rechtsstaatlichkeit sorgen. Im September hatte Piñera einen Entwicklungsplan, den "Plan Araucanía", für die Region angekündigt. Dabei sollen die indigenen Völker verfassungsmässig anerkannt werden, die arme Gegend soll mit einem Konjunkturprogramm unterstützt werden.

Fehler gefunden? Jetzt melden