Noch immer erschrickt Chiara Schober (19) manchmal, wenn sie sich auf älteren Fotos sieht. «Wenn ich mir Bilder von damals anschaue, kann ich es nicht glauben», sagt die Gymi-Schülerin. «Es ist, als ob nicht ich, sondern jemand anders auf den Fotos wäre.»
Es sind keine schönen Erinnerungen: Ein Pfirsich zum Zmittag, gedünstetes Gemüse und eine Handvoll Mandeln zum Znacht – mehr brachte sie damals nicht runter. «In meiner schlimmsten Zeit ass ich nicht mehr als 200 Kalorien am Tag. Ich war nur noch Haut und Knochen», sagt Chiara.
Heute scheint die gebürtige Liechtensteinerin wie ausgewechselt. Keine Spur mehr vom einstigen Kampf gegen den eigenen Körper. Auf Instagram posiert die 19-Jährige mit breitem Lächeln und voller Selbstbewusstsein.
Stets an ihrer Seite: ihr Freund Jason (17). Ihn lernte Chiara vor einem Jahr an ihrer Schule kennen. Seither sind die beiden unzertrennlich. «Jason hat mir geholfen, meine Essstörung zu überwinden. Er war nicht nur mental eine unglaubliche Stütze. Er entwickelte zum Beispiel auch Rituale, so dass ich spielerisch mehr und mehr ass. Er hat mich quasi geheilt»
An der Schwelle zum Tod
Davor hatte Chiara jahrelang vergeblich gegen ihre Essstörung angekämpft. «Schon im Alter von zwölf habe ich gemerkt, dass ich Probleme mit dem Essen habe», erinnert sich Chiara. Chronische Bauchschmerzen und der Tod ihrer Grossmutter hätten dann eine regelrechte Abwärtsspirale in Gang gesetzt. «Ich wollte eigentlich gar nie abnehmen, aber ich schaffte es einfach nicht, mehr zu essen.»
Mit 16 Jahren landete sie schliesslich für neun Monate im Spital. Es war der Tiefpunkt ihrer Krankheit: «Als ich eingeliefert wurde, wog ich nur noch gerade 25 Kilogramm.» Dort hätten sie die Ärzte ausdrücklich davor gewarnt, dass ihr Körper so nicht mehr lange durchhalten würde – mit nachhaltiger Wirkung: «Während der Behandlung im Spital ging mir irgendwann der Knopf auf», sagt Chiara. «Ich merkte, dass ich etwas ändern muss.»
Und siehe da: Nach ihrem Spitalaufenthalt wog Chiara bereits knapp 40 Kilo. «Nach meiner Rückkehr halfen mir zunächst meine Familie und Freundinnen, kontinuierlich mehr zu essen. Und wenige Monate später traf ich dann meinen Freund.»
Jason habe ihr schliesslich die restliche Motivation gegeben, endlich ihr Normalgewicht zu erreichen. Heute esse sie alles, was sie «in die Finger bekommt», vier bis fünf Mahlzeiten am Tag. «Ohne Jason wäre ich vielleicht nicht mehr hier», sagt Chiara. «Und weil er mich in meinen schlimmsten Momenten erlebt hat, weiss ich, dass er mich so liebt, wie ich wirklich bin.»