Chemiker erklären das Sterben
So fühlt sich der Tod an

Horrorfilme schauen oder Horror selber erleben, löst dieselben körperlichen Reaktionen aus. Nur die Intensität ist anders. Und das Resultat.
Publiziert: 05.11.2015 um 22:06 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 17:28 Uhr
Wer als Zuschauer eines Gruselfilms passiv durch einen Wald gejagt wird, reagiert ähnlich, wie das «echte» Opfer – nur weniger intensiv. (Symbol-Bild aus dem Film «Halloween H20»)
Foto: ddp images

Was passiert in unserem Körper, wenn wir von einem Kettensägen-Monster verfolgt werden? Die Antwort darauf liefert uns nicht etwa ein Krimi-Produzent, sondern eine Gruppe seriöser Wissenschaftler der «American Chemical Society».

Rechtzeitig zu Halloween mit seinen Gruselmonstern hat die Fachgesellschaft ein Video produziert, das die chemischen Prozesse illustriert. Sie hält fest: Wer als Zuschauer eines Gruselfilms passiv durch einen Wald gejagt wird, reagiert ähnlich, wie das «echte» Opfer – nur weniger intensiv.

Cortisol hält das Panikregime am Laufen

Angst ist die erste Reaktion. Die Empfindung wird durchs zentrale Nervensystem in den Thalamus und von da an Mandelkern und Hypothalamus übermittelt. Der Mensch wird alarmiert und reagiert - je nachdem - mit Flucht oder Angriff. Adrenalin durchströmt den Körper und Glukose wird ins Blut ausgeschüttet, um maximale Energie bereitzustellen. Cortisol hält das Panikregime am Laufen.

Gibt das Kettensägen-Monster nicht auf, beginnt das Opfer zu schreien. Dies sei eine automatische Reaktion des Körpers, halten die Mitglieder der Chemie-Gesellschaft fest. Forschungen hätten gezeigt, dass durch den Schrei beim Schreienden und den Zuhörern derselbe Hirnbereich (Mandelkern) aktiviert wird. Das macht durchaus Sinn. Aufgeschreckt durch den Schrei des Opfers, werden etwaige Umstehende alarmiert und können rechtzeitig helfen – oder aber davonlaufen.

Gehirn zeigt nach klinischem Tod noch Aktivität

Rennen und Schreien hat nichts genutzt, das Kettensägen-Monster hat sein Opfer eingeholt und beginnt es übel zu quälen. Spezielle Neuronen (Nozizeptoren) melden die Schädigung des Gewebes ans Gehirn, worauf dieses den Befehl herausgibt, alles zu unternehmen, um weitere Schäden zu verhindern.

Wer Horrorfilme kennt, weiss: Weitere Schäden werden nicht verhindert. Vielmehr ist das Opfer früher oder später tot. Die Schreie sind verklungen. Die Atmung hat aufgehört. Das Gehirn aber macht noch eine Weile weiter. «Auch nach dem klinischen Tod tickt das Gehirn noch einen Weile weiter», halten die Wissenschaftler dazu fest. Jüngste Untersuchungen hätten gezeigt, dass das Gehirn auch nach dem klinischen Tod noch eine Weile ein hohes Mass an Aktivität zeigt. Dieses letzte Aufbäumen könnte für Nahtod-Erlebnisse verantwortlich sein.

Es folgt - mutmasslich final - der biologische Tod. Auch das Gehirn tickt nicht mehr. Das System kommt zum Erliegen. Das Kettensägen-Monster hat seine gruslige Tag vollbracht - und der Zuschauer räumt die leere Popcorn-Schüssel weg und kriecht zufrieden ins Bett. (ant)

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