Chef-Pathologe über die Bergungsarbeit nach Germanwings-Tragödie
«Wir fanden mehr als 3000 Körperteile»

Amok-Pilot Andreas Lubitz (†27) brachte am 24. März eine Maschine der Germanwings zum Absturz. Die Bergung der 150 Toten war für die Helfer eine Riesenaufgabe.
Publiziert: 22.09.2015 um 16:16 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 18:49 Uhr
Bergungsarbeiter auf der Suche nach Leichenteilen.
Foto: Reuters/Gonzalo Fuentes

«Nur ein Leichnahm war vollständig», erinnert sich Charles Agostini. Der forensische Pathologe war für die Bergung und Identifizierung der 150 Menschen verantwortlich, die bei der Germanwings-Tragödie vom 24. März den Tod gefunden hatten.

Auf einer rechtsmedizinischen Tagung berichtete Agostini über die schwierigen Bergungsarbeiten und erzählte, wie es ihm und seinen rund 500 Expertenkollegen ergangen ist.

Amok-Pilot Andreas Lubitz (†27) hatte das vollbesetzte Passagierflugzeug bewusst gegen die Alpen gesteuert. Trümmer und Leichenteile waren entsprechend weit verstreut.

«Trümmerteile auf Fläche von 300 mal 400 Meter verstreut»

Agostini war noch am Nachmittag des Unglücktages vor Ort und schaute sich die Szene von oben aus dem Hubschrauber an, schreibt «Bild». «Wir fragten uns, wo die Leichen sind, denn wir sahen keine. Alles war zerstört und überall verteilt», erzählt Agostini dem Deutschlandfunk. Der Ort sei schwer zugänglich mit Steigungen bis zu sechzig Prozent: «Trümmerteile waren auf einer Fläche von 300 mal 400 Meter verstreut.»

Die Menschen an Bord der Maschine seien gar nicht zu erkennen gewesen: «Das Einzige was wir sahen, waren viele kleine Teile.» Zusammen hätten die Rettungskräfte mehr als 3000 Körperteile gefunden.

Die Passagiere im vorderen Teil des Fliegers habe es besonders stark zerrissen - dies, weil die Maschine frontal gegen die Alpen geknallt war. Im hinteren Teil des Flugzeugs sei es einfacher gewesen, die Leichenteile den Menschen zuzuordnen.

Laut Agostini dauerte es rund zwei Monate bis die 3000 Körperteile analysiert waren. In mobilen Labors untersuchten Spezialisten die Leichenteile und identifizierten die entsprechende DNA. Diese wurde dann mit Proben abgeglichen, die Angehörige der Toten zur Verfügung gestellt hatten.

Gemeinschaftsgrab für nicht identifizierbare Teile

Tatsächlich konnten die Menschen an Bord, die aus 18 Ländern stammten, alle identifiziert werden. «Im Schnitt lagen in jedem Sarg rund 20 Körperteile», erinnert sich Agostini.

Zahlreiche Teile konnten allerdings nicht eindeutig einem Menschen zugeordnet werden: «An einigen Körperteilen fanden wir einen Mix an DNA. Das waren die sterblichen Überreste von mehreren Passagieren, bei denen sich nicht mehr sagen liess, das gehört zu diesem, das zu jenem Insassen», sagt Agostini. Diese Leichenstücke wurden in einem Gemeinschaftsgrab an der Unglücksstätte in den Bergen beerdigt. (ant)

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