Chef der Exil-Uiguren in der Schweiz
«Meine Mutter starb im chinesischen Konzentrationslager»

Dolkun Isa ist als Uigure in Xinjiang aufgewachsen. Er floh 1994 und kehrte nie mehr zurück. Heute kämpft er als Präsident des Weltkongresses der Uiguren für die Rechte von Uiguren in China und im Ausland. SonntagsBlick traf Dolkun Isa am Donnerstag in Bern.
Publiziert: 01.12.2019 um 18:43 Uhr
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Dolkun Isa ist Chef der Exil-Uiguren. Im Interview sprach er über das Leid in Xinjiang.
Foto: Karl-Heinz Hug
Rachel Hämmerli

Sie kommen gerade von einem Treffen mit Vertretern des Schweizer Aussendepartements. Worum ging es bei den Gesprächen?
Ich forderte eine Kontrolle über die Geschäfte von Schweizer Unternehmen in Xinjiang und die Aufhebung des Freihandelsabkommens mit China.

Wie begründen Sie diese Forderung?
Die veröffentlichten China Cables beweisen, dass Konzentrationslager existieren. Menschen werden systematisch verfolgt und inhaftiert. Die Schweiz war das erste Land, das mit China ein Freihandelsabkommen abgeschlossen hat. Beide Länder unterschrieben in diesem Abkommen die Einhaltung der Menschenrechte. Der Völkermord an Uiguren und anderen Minderheiten verstösst dagegen. Das ist ein Vertragsbruch.

Wie haben die Schweizer Behörden auf Ihre Forderung reagiert?
Sie verurteilten offiziell das Vorgehen Chinas und sprachen sich für einen freien Zugang zu den Lagern aus. Diese Zugeständnisse überraschten mich. Die Schweiz pflegt mit China eine enge Freundschaft und hält sich sonst mit Kritik zurück. Sie wichen aber konkreten Sanktionen aus. Sie sagten, das Parlament müsse entscheiden.

Sie sind auch ein Opfer der chinesischen Unterdrückung. Ihre Mutter starb in einem Lager. Wann hatten Sie zuletzt Kontakt mit ihr?
Im April 2017. Meine Mutter sagte, ich solle nicht mehr anrufen. Zwei Monate später landete sie im Konzentrationslager. Sie starb am 17. Mai 2018. Ich erfuhr es am 12. Juni von einem uigurischen Freund. «Radio Free Asia» bestätigten mir ihren Tod. Meinen Vater und Bruder habe ich bis heute nicht erreicht.

Sie haben Ihre Familie bei der Flucht zurückgelassen. Plagen Sie Schuldgefühle?
Ich vermisse meine Familie, aber ich kann ihnen nicht helfen. Nach Xinjiang reisen kann ich nicht, ich würde im Lager landen. Ich wollte meine Familie nach Deutschland nehmen, doch die Chinesische Regierung verwehrte ihnen einen Pass. Seit meiner Flucht habe ich sie nicht mehr gesehen. Auch nicht über Videoanruf. Meiner Familie wurde der Internetzugang gesperrt.

Was passiert, wenn die internationale Gemeinschaft jetzt nicht handelt?
Die Erfahrungen aus dem zweiten Weltkrieg zeigen, dass der Mensch zu einem Genozid an Millionen fähig ist. Die internationale Gemeinschaft hat geschworen, so etwas nie mehr zuzulassen. Wenn sie jetzt still bleibt, droht die Auslöschung der Uigurischen Kultur und der Tod von 10 Millionen Uiguren.

Export/Import

Auf Anfrage schreibt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) über die wirtschaftliche Beziehung zu China: «Die Volksrepublik China ist mit Abstand der wichtigste asiatische Handelspartner der Schweiz. Es besteht noch Potenzial für die Weiterentwicklung des Freihandelsabkommens. Die Schweiz und China haben 2017 vereinbart, eine generelle Überprüfung des Abkommens vorzunehmen, um potenzielle Vertiefungsmöglichkeiten zu identifizieren.» Zum Profit durch das Abkommen schreibt das Seco weiter: «Seit dem Inkrafttreten haben sich die Schweizer Warenexporte um 8,8 Mrd. auf 12,17 Milliarden erhöht, was einer Zunahme um 38 Prozent entspricht. Die Warenimporte haben im gleichen Zeitraum um 17 Prozent zugenommen. Von 12,1 auf 14,2 Mrd.»

Auf Anfrage schreibt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) über die wirtschaftliche Beziehung zu China: «Die Volksrepublik China ist mit Abstand der wichtigste asiatische Handelspartner der Schweiz. Es besteht noch Potenzial für die Weiterentwicklung des Freihandelsabkommens. Die Schweiz und China haben 2017 vereinbart, eine generelle Überprüfung des Abkommens vorzunehmen, um potenzielle Vertiefungsmöglichkeiten zu identifizieren.» Zum Profit durch das Abkommen schreibt das Seco weiter: «Seit dem Inkrafttreten haben sich die Schweizer Warenexporte um 8,8 Mrd. auf 12,17 Milliarden erhöht, was einer Zunahme um 38 Prozent entspricht. Die Warenimporte haben im gleichen Zeitraum um 17 Prozent zugenommen. Von 12,1 auf 14,2 Mrd.»

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