In Thüringen rumort es. Zehn Tage nach der Landtagswahl scheint eine stabile Regierung noch weit entfernt. Zwar ist die Linke Wahlsieger, doch ihr fehlen mögliche Koalitionspartner. Die CDU hat eine Koalition ausgeschlossen, schielt dafür aber auf die AfD. Laut einem internen Papier wollen 17 Thüringer CDU-Politiker ein «ergebnisoffenes Gespräch» mit den Rechtsnationalen suchen.
Das dürfte in Berlin auf wenig Begeisterung sorgen. Nur kurz nach der Gesprächsforderung erschien auf «Spiegel Online» ein Gastbeitrag von CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak (34), indem er den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke (47) scharf angreift. Höcke steht für den rechtsextremen Flügel seiner Partei, äussert sich offen rassistisch und antisemitisch.
AfD-Chef Gauland stützt rechten Flügel
«Höcke ist für mich ein Nazi und die AfD mit ihm auf dem Weg zur NPD 2.0», schreibt Ziemiak. Die AfD baue «offen und sichtbar Brücken zum Rechtsextremismus». Die Partei bewege sich eindeutig in die «rechtsextreme Richtung». AfD-Parteichef Alexander Gauland fördere dies zum Beispiel, in dem er Höcke stütze. «Das ist die zukünftige Volkspartei», hatte Gauland nach dem Höcke-Erfolg bei der Thüringer Landtagswahl gesagt.
Die Sprache der AfD erinnere Ziemiak an die Spätphase der Weimarer Republik, als schon einmal das Parlament von den Nazis als «Quasselbude» verunglimpft worden sei. Begriffe wie 'Lügenpresse' und 'Volksverräter' seien die Grundpfeiler jeglicher AfD-Argumentation. «Wenn dann Björn Höcke Journalisten als 'geistig-moralisch kastrierte Schreiberlinge' beschimpft, die Bundeskanzlerin in der 'Zwangsjacke' abführen lassen will und Angela Merkel mit Erich Honecker gleichsetzt und damit aus der Bundesrepublik eine Quasi-Diktatur macht, ist eine Grenze weit überschritten», nimmt Ziemiak die AfD-Rhetorik auseinander.
Beifall für Ziemiak auf Twitter
Paul Ziemiak ist innerhalb der Partei die Nummer 2 hinter CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer (57). So deutliche Worte gegen die AfD waren aus oberster Führungsebene der Christdemokraten bislang nicht zu hören. Entsprechend laut war der Beifall aus der linken Ecke. Der Autor Sascha Lobo (44), Unterstützer der SPD, bezeichnet Ziemiaks Beitrag als einen der «wichtigsten und besten politischen Momente der Dekade». (kin)