Carla Del Pontes letzter Gruss an den Mafiaboss Salvatore Riina (†87)
«Er soll in der Hölle schmoren»

In der Nacht nach seinem 87. Geburtstag starb der gefährlichste Pate der sizilianischen Cosa Nostra. Erleichterung herrscht auch im Tessin. Die Mafia-Jäger erinnern sich im BLICK über ihre Begegnungen mit dem Boss der Bosse.
Publiziert: 17.11.2017 um 18:26 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:10 Uhr
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Mafia-Boss Toto Riina verstarb im Alter von 87 Jahren.
Foto: KEY
Myrte Müller

Salvatore Riina ist tot. Der «Boss der Bosse» starb am Freitag im Morgengrauen, um 3.37 Uhr im Gefängnis-Spital von Parma (I). Nur einen Tag nach seinem 87. Geburtstag. Mit dem Tod des einst so grausamen Paten schliesst sich ein Kapitel der sizilianischen Mafia. Nicht nur in Italien, auch im Tessin ist die Erleichterung gross. 

Zwei Jahrzehnte war Salvatore «Toto» Riina der Mafia-König von Corleone (I). Der nur 1,58 Meter grosse Bauernsohn tötete oder liess töten. Hunderte von Menschen. Neben feindlichen Clans auch Staatsanwälte, Richter, Journalisten und Unternehmer. Seine berühmtesten Opfer waren die italienischen Mafiajäger Giovanni Falcone (†53) und Paolo Borsellino (†52), die 1992 je einem Attentat zum Opfer fielen. Ein Jahr später wurde Don Toto endlich verhaftet und 26 mal zu lebenslänglich verurteilt. Seitdem sass er in Isolationshaft. 

Auch Tessiner Staatsanwälte machten Jagd auf die «Bestie»

Die schmutzigen Geschäfte des Paten reichten einst bis nach Lugano TI. Unerschrockene Staatsanwälte wie Carla Del Ponte (70), Paolo Bernasconi (74) und Jacques Ducry (62) ermittelten damals gegen die «Bestie» in Zusammenarbeit mit Falcone und Borsellino. Del Ponte entkam 1989 in Italien knapp einem Bombenanschlag. Auftraggeber: Toto Riina. 

«Als ich die Nachricht von Riinas Tod hörte, da dachte ich: Gut so!», sagt Carla Del Ponte jetzt zu BLICK. «Er war ein Mörder, ein Verbrecher. Er soll in der Hölle schmoren.» Nur zu genau erinnert sich die damalige Anklägerin: «Ich war in Palermo, um Riina persönlich zu verhören. Er war wütend, brüllte mich an. Ich sei umsonst angereist aus der Schweiz. Er würde kein Wort sagen.» Verraten habe Toto Riina nichts an jenem Tag, «aber am Ende hat er sich für sein schlechtes Benehmen entschuldigt.»

«Ein einfacher Bauer. Aber extrem brutal»

Jacques Ducry befragte den Paten in den 90er Jahren. Allerdings per Videoschaltung. «Er war ein einfacher Mann. Ein sizilianischer Bauer. Aber extrem brutal. Ein ekelhafter Mensch», sagt Ducry heute zu BLICK. «Erzählt hatte er uns damals nichts.» Nur zu genau erinnert er sich an das Attentat gegen Giovanni Falcone: «Ich war im Bleniotal, als die Nachricht im Radio lief. Ich rief sofort Carla an. Sie weinte sehr um unseren Freund.»

Mit Riina sterbe ein Teil der Cosa Nostra, sagt der Tessiner SP-Grossrat, «er war ein Symbol der mordenden Mafia», sagt Ducry. Die gäbe es in dieser Form nicht mehr, sagt Jacques Ducry, «doch geschwächt ist die Mafia nicht, sondern international aktiv.» Der Politiker fordert: «Wir brauchen eine europäische Staatsanwaltschaft, ein gemeinsames Strafgesetzbuch, damit wir den Mafiosi das Handwerk legen können.»

«Toto Riina ist tot. Die Mafia ist es nicht.»

So sieht es auch Kollege Paolo Bernasconi: «Toto Riina ist tot. Die Mafia aber ist es nicht. Zwar werden nicht mehr Ermittler wie Falcone oder Borsellino getötet, aber es gibt sie noch, die Riinas. Sie agieren versteckt, unterirdisch.» Es sei eine neue Mafia entstanden, so der einstige Generalstaatsanwalt, «die erste Mafia war die Cosa Nostra, die zweite die `Ndrangheta, die dritte, die Camorra. Jetzt gibt es eine vierte. Eine Allianz der drei Mafias, die in Norditalien – und damit auch im Tessin – wirkt.»

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