«Ja, das ist meine Überzeugung», antwortet die ehemalige UNO-Chefanklägerin auf eine entsprechende Frage im Gespräch mit der «SonntagsZeitung» und dem «Le Matin Dimanche». Doch weil Russland mit seinem Veto im Sicherheitsrat ein Sondertribunal verhindere, gäbe es weder eine Anklage noch ein Sondergericht.
Sie hätten von Beginn weg Beweise gegen Assad gesammelt, sagt del Ponte. Die Kommission sei aber nur für die Anfangsermittlungen zuständig. «Jetzt müsste ein Sonderankläger die Beweise ordnen und die Anklage formulieren.»
Im Interview bekräftigte die 70-jährige Tessiner Juristin ihre Frustration über das blockierte Tribunal. «Die Arbeit der Kommission ist nur noch ein Alibi für die internationale Gemeinschaft.» Ihre Arbeit mache so keinen Sinn.
«Wir haben gegen alle ermittelt»
Zur Frage, gegen welche Kriegsparteien sich ihre Ermittlungen vor allem gerichtet hätten, sagt del Ponte: «Alle haben Kriegsverbrechen begangen. Deshalb haben wir auch gegen alle ermittelt.» Sollte es wider Erwarten doch zu einem Sondertribunal kommen, würde sie sich zur Verfügung stellen. Ihr Rücktritt werde aber zum 18. September wirksam.
Der UNO-Menschenrechtsrat hatte die Untersuchungskommission für Syrien im August 2011 eingesetzt. Del Ponte, die 1999 bis 2007 Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag für die Kriegsverbrechen im früheren Jugoslawien sowie für den Völkermord in Ruanda war, gehörte ihr seit September 2012 an.
Der Syrien-Krieg hatte im Frühjahr 2011 in Daraa mit zunächst friedlichen Protesten gegen Assad begonnen. Seither wurden Schätzungen zufolge mehr als 330'000 Menschen getötet und Millionen Syrer in die Flucht getrieben. (SDA)