Bürgerkrieg in Südostasien
Myanmars Junta verliert Kontrolle über wichtige Stadt.

Rebellen in Myanmar haben eine strategisch wichtige Stadt erobert. Streitkräfte des Regimes befinden sich auf der Flucht. Drei Jahre nach Beginn des Bürgerkriegs beginnt sich der bewaffnete Widerstand gegen Juntatruppen durchzusetzen.
Publiziert: 13.04.2024 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 13.04.2024 um 11:37 Uhr
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Ein thailändischer Soldat mit schwerem Maschinengewehr auf einem Militärfahrzeug bewacht die Grenze zu Myanmar. Im Hintergrund schlägt ein Blitz ein.
Foto: Keystone

Mehr als drei Jahre nach dem Putsch in Myanmar deutet sich erstmals an, dass den Generälen nach und nach die Kontrolle über weite Landstriche entgleiten könnte. Rebellengruppen im Krisenland haben nach eigenen Angaben die wichtige Handelsstadt Myawaddy an der Grenze zu Thailand unter ihre Kontrolle gebracht. Erst wenige Tage zuvor hatte das Regime einen Ort an der Grenze zu China an eine andere Rebellengruppe verloren.

Im Vielvölkerstaat tobt seit dem Putsch mit der Entmachtung der gewählten Regierungsführerin Aung San Suu Kyi (78) ein von der Aussenwelt kaum beachteter Bürgerkrieg. Am Donnerstag hat ein revolutionäres Bündnis unter Führung des bewaffneten Flügels der KNLA (Karen National Liberation Army) die letzte Garnison des Militärs in der geschäftigen Grenzstadt Myawaddy besetzt, hiess es in einer offiziellen Mitteilung der Allianz. Lokale Medien und Augenzeugen bestätigten die Angaben.

Schwerer Schlag für die Generäle

Zahlreiche Militärs seien zu einer Brücke geflohen, die über den Fluss Moei nach Mae Sot in Thailand führt, hiess es in der KNLA-Mitteilung. Dort kämen sie aber derzeit nicht weiter, weil sie bislang keine Erlaubnis hätten, die Brücke zu überqueren. Die thailändische Armee war am Moei mit zahlreichen gepanzerten Fahrzeugen im Einsatz und verstärkte das Sicherheitspersonal. Zudem wurde einer Passagiermaschine aus Myanmar in Mae Sot Landeerlaubnis erteilt. Das Regime holte Beamte und ihre Familien zurück, die vor den anrückenden Rebellen über die Grenze geflohen waren.

Für Myanmars Armee ist es Berichten zufolge schwierig, die Truppen in Myawaddy zu verstärken, da es nur eine grössere Zufahrtsstrasse gibt und diese von Rebellen überwacht wird. Laut der Rebellenallianz sind deshalb jederzeit Luftangriffe möglich. «Daher wird der Öffentlichkeit empfohlen, vorsichtig zu sein und sich an sicheren Orten aufzuhalten», warnte sie.

Die KNLA ist der bewaffnete Arm der Karen National Union, der ältesten Gruppe von Aufständischen im Vielvölkerstaat Myanmar. Seit mehr als 70 Jahren kämpft sie für die Freiheit und bietet seit dem Putsch vom Februar 2021 vielen Binnenvertriebenen Schutz.

Thailand kann 100'000 Flüchtlinge aufnehmen

Für Myanmars Generäle ist der Verlust Myawaddys ein weiterer schwerer Schlag, nachdem sie erst vor wenigen Tagen einen Ort an der Grenze zu China an Rebellen der Kachin Independence Army (KIA) verloren hatte. Auch an der Grenze zu Bangladesch werden Kämpfe gemeldet.

Myawaddy gilt als einer der wichtigsten Handelsposten zwischen dem früheren Burma und Thailand. Viele Einwohner sind auf der Flucht ins Nachbarland. Der thailändische Aussenminister Parnpree Bahiddha-nukara (66) sagte zuletzt, sein Land sei bereit, 100'000 Flüchtlinge aus Myanmar aufzunehmen.

Seit dem Umsturz im Februar 2021 versinkt Myanmar in Chaos und Gewalt. Die Militärjunta, die damals Regierungschefin Suu Kyi entmachtet und festgenommen hatte, gerät zunehmend unter Druck. Die Rebellen hatten der Armee bereits Ende vergangener Woche in Myawaddy schwere Verluste zugefügt. Seit Dienstag gab es neue heftige Kämpfe. Das Militär reagierte unter anderem mit Luftangriffen.

Land am Boden

Die letzte Fluchtwelle aus Myanmar erfolgte im März, als die Streitkräfte den Zwangsmilitärdienst für Tausende von Zivilisten ausriefen. Die Einberufung der Bevölkerung soll Verluste auf dem Schlachtfeld ausgleichen.

Einst galt Myanmar als eine der vielversprechendsten Volkswirtschaften Südostasiens, mit einer wachsenden Mittelschicht. Heute leidet das Land unter einem rasanten Anstieg der Armut. Der verheerende Bürgerkrieg treibt Dutzende von Millionen Menschen weiter ins Elend, so ein neuer Bericht der Vereinten Nationen.

Fast die Hälfte der 54 Millionen Einwohner Myanmars lebt unterhalb der Armutsgrenze. 49,7 Prozent der Menschen müssen mit weniger als 76 US-Cent pro Tag auskommen – eine Zahl, die sich seit 2017 verdoppelt hat, wie ein Bericht des Uno-Entwicklungsprogramms (UNDP) festhält. (kes/SDA)

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