2-Jähriger Julen fällt beim Spielen in 100-Meter-Schacht
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Spanien bangt um Jungen:2-Jähriger Julen fällt beim Spielen in 100-Meter-Schacht

Bub steckt noch immer im Schacht fest
«Wir haben Haare von Julen (2) gefunden»

Die Hoffnung, den kleinen Jungen Julen lebend zu bergen, schwindet mit jeder Minute. Er war am Sonntag bei Malaga in ein 107 Meter tiefes Brunnenloch gestürzt.
Publiziert: 16.01.2019 um 15:29 Uhr
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Aktualisiert: 18.01.2019 um 10:53 Uhr
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In diesen nur 25 Zentimeter grosses Loch soll Julen (2) am Sonntag hinein gefallen sein.
Foto: Twitter
Myrte Müller

José Sánchez (29) schläft seit Sonntag kaum noch. Zu gross ist die Verzweiflung, zu unerträglich die Sorge um seinen Sohn Julen (2). Tagsüber wachen er und seine Frau Vicky (29) über die Rettungsaktion am Berg, nahe des südspanischen Dorfes Totalán. Die Nächte verbringen sie im Auto. Er wolle seinem Sohn nahe sein, sagt der Messeaussteller aus Malaga zur andalusischen Zeitung «Diario Sur». «Dennoch bin ich so weit weg von ihm».

Seit Sonntagnachmittag steckt ihr kleiner Bub in einem 107 Meter tiefen Loch fest. Zwölf Rettungstrupps mit über 100 Einsatzkräften versuchen das Kleinkind aus dem provisorischen Brunnenschacht zu bergen. Bislang vergebens. Erst führen sie eine Kamera ins Loch. Sie reicht 70 Meter. Dann bleibt sie an einem Erdklumpen liegen, der die Öffnung verstopft. Darunter muss Julen sein.

Die Retter ziehen eine Tüte mit Süssigkeiten aus dem Schacht. Dann einen Becher. Schliesslich finden sie einzelne Haare. «Die DNA-Analyse bestätigt, dass sie von Julen sind», sagt Alfonso Rodríguez Gómez von der andalusischen Regierung zu «La Razón». Doch vom Bub selbst gibt es weiter keine Spur. 

Seit gestern wird an einem Nebentunnel gebohrt

Die Rettungseinheiten wollen einerseits mit einem Spezialgerät das nur 25 Zentimeter grosse Loch erweitern, andererseits soll ein bis zu 80 Meter langer, horizontaler Nebentunnel durch den Hang zum Brunnenschacht führen. Seit gestern wird gebohrt. Zwei Tage sollen die Arbeiten andauern. Das Warten ist eine Qual für Julens Familie.

Erst vor zweieinhalb Jahre verloren sie ihren ersten Sohn Oliver (†3). Er war während eines Strandspaziergangs an einem Herzversagen gestorben. Jetzt schwindet mit jeder Minute auch die Hoffnung,  dass ihr Zweitgeborener lebend geborgen werden kann. 

José Sánchez erinnert sich im «Diario Sur» an den Unglückstag: «Wir wollten auf dem Grundstück meiner Cousine ein Picknick machen. Ich legte grad Holz ins Feuer für eine Paella.» Ehefrau Vicky musste kurz mit ihrem Arbeitgeber telefonieren. José Sanchez sollte nach Julen schauen.

Cousine sah, wie Julen (2) im Schacht verschwand

Es ist 14 Uhr. «Plötzlich war Julen 10 bis 15 Meter entfernt. Meine Cousine rannte ihm nach, rief ‹das Kind, das Kind›», erzählt José Sanchez weiter. «Sie sah noch, wie der Bub ins Loch rutschte und mit erhobenen Armen im Boden verschwand.» Ein Loch, dass ihr Ehemann im Dezember bohren liess, um Wasser zu gewinnen. Illegal. Denn weder der Bergwerks- noch der Wasserbehörde liege eine Bewilligung vor, erklärt der Sprecher der Regionalregierung gegenüber «El País».

Julens Vater eilte herbei. Mit der Kraft des Verzweifelten räumte er die Steine um die Schachtöffnung zur Seite. «Ich habe meinen Arm bis zur Schulter ins Loch gesteckt. ich wusste nicht, wie tief der Schacht war. Mein Kopf lag auf dem Boden. Ich hörte mein Kind weinen. Ich rief: ‹Beruhige Dich, Dein Papa ist hier!›» 30 Sekunden später habe das Wimmern aufgehört, so der Vater. Wanderer eilten zu Hilfe. Sie alarmierten die Polizei und Feuerwehr. Die dramatische Rettungsaktion begann.

Kritik an Rettungseinsatz wächst

Doch mit den Anstrengungen wachsen auch die Zweifel. Ist Julen tatsächlich in diesem Loch? Warum war der Schacht nicht abgedeckt? Wie kann ein grosser Erdklumpen in einer Tiefe von 70 Metern den Schacht verstopfen? Wie kann ein Kind in ein nur 25 Zentimeter grosses Loch rutschen? Fragen, die José Sanchez und seine Familie ins Herz stechen. 

Für sie gibt es keinen Zweifel. «Mein Sohn ist sehr zierlich, wiegt nur elf Kilo. Wir haben gesehen, wie er im Schacht verschwand. Ich habe ihn weinen gehört», beteuert José Sanchez. Er und seine Familie sind zudem enttäuscht vom bisherigen Rettungseinsatz. «Ich will nichts gegen die Männer vor Ort sagen, aber sie haben zu wenig Mittel zur Verfügung. Als der erste Trupp hier eintraf, hatten sie noch nicht einmal eine Kamera dabei, leuchteten mit dem Handy in den Schacht.»

Der Bürgermeister von Totalán, Miguel Ángel Escano schliesst sich der Kritik an: «Bislang wurde doch nur improvisiert. Das ist vollkommen ungenügend.»

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