Der von Medien «Super Thursday» getaufte Wahltag gilt als erster Test für den linken Parteichef Jeremy Corbyn, der den Labour-Vorsitz im Spätsommer vergangenen Jahres übernommen hatte.
Verglichen mit den vergangenen Regional- und Kommunalwahlen in den Jahren 2011 und 2012 muss Labour voraussichtlich zwar heftige Verluste hinnehmen. Im Hinblick auf das desaströse Ergebnis der nationalen Parlamentswahl 2015 gewinnt die Arbeiterpartei aber wohl wieder etwas an Boden. Die Tories dagegen schneiden etwas schlechter ab als im vergangenen Jahr.
In Schottland zeichnet sich ab, dass die Arbeiterpartei weiter an Boden verliert - zugunsten der Tories und der linksgerichteten schottischen Nationalpartei SNP. Die Nationalisten können damit ihre Mehrheit wohl weiter ausbauen. Bereits vor der Wahl regierten sie ohne Partner. Ob Labour seine Position als bislang zweitstärkste Kraft an die Tories verliert, ist noch ungewiss.
Fraglich ist auch, ob das Abschneiden in Schottland den Labour-Chef unter Druck bringen wird. Corbyn hatte kaum eine Rolle gespielt im schottischen Wahlkampf. «Es könnte sein, dass das Endergebnis für Jeremy Corbyn nicht ganz so schlecht aussieht», sagte John Curtice, Politikprofessor aus Glasgow im BBC-Fernsehen. Überrascht zeigten sich Experten über starke Zuwächse bei den Konservativen in einigen Teilen Schottlands.
Bei den Kommunalwahlen in England scheint auch die euroskeptische Partei Ukip Labour Stimmen abzujagen. Erwartet wird, dass die britischen Nationalisten erstmals in das Parlament von Wales einziehen. Ukip-Chef Nigel Farage sprach deshalb bereits von einem «Durchbruch» für seine Partei.
In London wurde am Donnerstag zudem ein neuer Bürgermeister gewählt. Als Favorit für die Nachfolge des Konservativen Boris Johnson war der Kandidat der Labour-Partei, Sadiq Khan, ins Rennen gegangen. Erste Ergebnisse werden am Freitagabend erwartet.
Kurz nach Schliessung der Londoner Wahllokale zeichnet sich in der konservativen Partei ein Streit über den Wahlkampf von Bürgermeisterkandidat Zac Goldsmith ab. Der Tory-Kandidat hatte seinem Labour-Rivalen Khan mehrfach Nähe zu radikalen Muslimen vorgeworfen. Khan könnte Londons erster muslimischer Bürgermeister werden.
Goldsmith muss sich nun von einem Parteifreund heftige Vorwürfe anhören: Khan in Zusammenhang mit Extremisten zu bringen, habe «Brücken gesprengt», die zwischen der konservativen Partei und den Muslimen Londons gebaut worden seien, sagte der führende konservative Kommunalpolitiker Andrew Boff im BBC-Fernsehen.
Goldsmith habe einen Fehler begangen und grossen Schaden angerichtet. «Ich will nicht, dass wir das noch einmal tun», sagte Boff. Auch der britische Premierminister David Cameron, selbst ein Tory, hatte Khan mehrfach vorgeworfen, mit Extremisten aufgetreten zu sein. (SDA)