Boris Johnson entert die nächste Stufe im Brexit-Streit. Der Neu-Premier boykottiert die Staats- und Regierungschefs der EU: Er will niemanden von ihnen treffen, bis sie die umstrittene «Backstop»-Klausel aus dem Ausstiegsabkommen streichen.
Bis Brüssel einknickt, will Johnson nicht verhandeln. Er wolle sich nicht hinsetzen und erzählt bekommen, dass die EU das Ausstiegsabkommen nicht verändern könne, sagte Johnsons Sprecherin am Montag zu Journalisten. «Das aber ist die Message, die er von den Staats- und Regierungschefs telefonisch bisher bekommen hat.» Sie erklärte: «Der Premierminister will einen Deal, aber wir hoffen, dass die EU ihre Position zum Abkommen und zum Backstop ändert.»
Johnson will 37 Milliarden EU-Strafe nicht zahlen
Der sogenannte Backstop ist der grosse Zankapfel in der verfahrenen Brexit-Situation. Die Klausel sieht vor, dass es zwischen Irland und Nordirland keine neuen Grenzen geben dürfe, um ein Wiederaufflammen des Nordirland-Konflikts zu verhindern. Mit dem Backstop würde Grossbritannien so lange in der EU-Zollunion bleiben, bis eine definitive Lösung für die Grenzfrage gefunden ist.
Wie «Politico» berichtet, hat Johnson noch nicht mit seinem irischen Amtskollegen Leo Varadkar gesprochen. Der Boykott-Premier lehnt den Backstop jedoch rigoros ab – und stellt sich darauf ein, die EU im Zweifelsfall auch ohne Austrittsabkommen zu verlassen. Ein Spiel auf Risiko: Das renommierte britische Institute for Government warnt vor einem EU-Austritt ohne Abkommen.
Seinen Brexit-Kurs verschärft Johnson seit seinem Einzug in die Downing Street 10 in der vergangenen Woche kräftig. Das unter Theresa May verhandelte Austrittsabkommen hat er für tot erklärt. Er will neu verhandeln. Und droht: Lässt sich die EU darauf nicht ein, will er die Austrittsrechnung über 37 Milliarden Euro nicht bezahlen.
Brüssel will nicht nachverhandeln
Michel Barnier, Brexit-Chefverhandler der EU, will sich von Johnson nicht erpressen lassen. Er ermahnte die Führungsriege der anderen 27 Mitgliedsstaaten per Brief, angesichts von Johnsons Erpressungsversuchen Ruhe zu bewahren und «sich an unsere Prinzipien und Richtlinien zu halten» und «Solidarität und Einigkeit zu zeigen».
Die EU will am Brexit-Deal festhalten. Johnsons Sprecherin erteilte Brüssel eine Absage: «Das Ausstiegsabkommen wurde vom Parlament jetzt mehrfach abgelehnt und wird offensichtlich nicht in seiner jetzigen Form verabschiedet werden. Es muss geändert werden, wenn es einen Deal geben soll.»
Dass sich Johnson aktuell nicht an den Brexit-Verhandlungstisch setzen will, verschafft ihm möglicherweise Zeit-Kapazitäten für einen weiteren Brandherd. Denn auch die Iran-Krise hält den Neu-Premier auf Trab.
Kein Fortschritt in der Iran-Krise
Am Montag lehnte die britische Regierung einen Tankertausch mit dem Iran ab. Die beiden Länder halten quasi gegenseitig Tanker als Geiseln: Grossbritannien hatte am 4. Juli in Gibraltar den Tanker «Grace1» mit der Begründung festgesetzt, er habe iranisches Erdöl für Syrien an Bord und damit gegen EU-Sanktionen verstossen. Der Iran bestreitet das.
Am 19. Juli stoppten die iranischen Revolutionsgarden dann in der Strasse von Hormus den britischen Öltanker «Stena Impero». Zur Begründung hiess es, das Schiff habe internationale Regeln der Seefahrt nicht eingehalten, sein GPS-System ausgeschaltet und umweltschädigende Materialien an Bord. Beide Seiten sprachen von «Piraterie».
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.
Der neue Parteichef der britischen Konservativen, Boris Johnson, übernimmt am Mittwoch das Amt des Premierministers. Der Nachfolger von Theresa May hat sich festgelegt: Bis zum 31. Oktober wird Grossbritannien aus der EU ausscheiden. Wie denkt der neue Premier über wichtige politische Themen?
Iran-Konflikt
Johnson hat bisher keine Anzeichen dafür gezeigt, dass er die europäische Linie verlassen und auf den harten Kurs von US-Präsident Donald Trump einschwenken könnte. Das von den USA aufgekündigte Atomabkommen mit dem Iran hat er zwar als zusehends brüchiger bezeichnet und von Wegen gesprochen, das «zerstörerische Verhalten» des Iran im Zaum zu halten. Die Rückkehr zur Diplomatie sei dafür aber der richtige Weg. Eine Militäraktion unterstütze er nicht.
Proteste in Hongkong
Johnson stellte sich an die Seite der Demonstranten, als diese in der britischen Ex-Kolonie Proteste gegen ein Gesetzesvorhaben demonstrierten, das Auslieferungen an China erleichtert hätte. Die Protestierenden bewegten sich innerhalb ihrer Rechte, sagte Johnson: Er unterstütze sie und werde sich gerne für sie einsetzen.
Huawei und 5G-Netz
Eine Entscheidung über die Beteiligung des chinesischen Technologiekonzerns Huawei am Ausbau des britischen 5G-Netzes wurde durch Mays Rücktrittserklärung auf Eis gelegt. Johnson hat erklärt, Investitionen aus anderen Ländern könnten zwar erhebliche Vorteile mit sich bringen. Aber er werde keine Kompromisse auf Kosten der nationalen Sicherheits-Infrastruktur machen.
Er werde nichts tun, das die Fähigkeit der Geheimdienste zum Informationsaustausch im Rahmen des Fünf-Augen-Paktes der USA, Grossbritanniens, Kanadas, Neuseelands und Australiens (Five Eyes) beeinträchtige. Die USA fordern, Huawei wegen Sicherheitsbedenken vom 5G-Ausbau auszuschliessen.
Beziehungen zu den USA
Johnson will enge Beziehungen zu den USA aufrechterhalten. Sein Bemühen um US-Präsidenten Donald Trump war offenkundig, als er den bisherigen britischen Botschafter Kim Darroch in Washington nicht gegen US-Kritik verteidigte. Trumps Äusserungen über vier demokratische US-Kongressabgeordnete mit Migrationshintergrund nannte Johnson inakzeptabel, bezeichnete sie aber nicht als rassistisch.
Britische Wirtschaft
Johnson hat angekündigt, er werde Milliardensummen für öffentliche Dienstleistungen, Infrastruktur und Steuersenkungen aufwenden. Die Ausgaben für Bildung, Verkehr, superschnelles Breitband und Polizei sollen erhöht und ein Lohnerhöhungsstopp im öffentlichen Dienst beendet werden.
Johnson sieht nach eigenen Worten einen «fiskalischen Spielraum» von 27 Milliarden Pfund. Dabei bezieht er sich auf das Ziel der britischen Regierung für die Höhe des Haushaltsdefizits und der mittlerweile projizierten tatsächlichen Höhe des Defizits. «Ich bin bereit, Kredite aufzunehmen, um bestimmte grosse Ziele zu finanzieren, aber insgesamt werden wir die steuerliche Verantwortung wahren», sagte Johnson.
Steuersenkungen
Johnson sieht Raum für Steuersenkungen. Er will die Schwelle anheben, ab der der höhere Satz der Einkommensteuer fällig wird. Auch die Einkommensgrenze, ab der Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt werden, soll steigen. (SDA)
Der neue Parteichef der britischen Konservativen, Boris Johnson, übernimmt am Mittwoch das Amt des Premierministers. Der Nachfolger von Theresa May hat sich festgelegt: Bis zum 31. Oktober wird Grossbritannien aus der EU ausscheiden. Wie denkt der neue Premier über wichtige politische Themen?
Iran-Konflikt
Johnson hat bisher keine Anzeichen dafür gezeigt, dass er die europäische Linie verlassen und auf den harten Kurs von US-Präsident Donald Trump einschwenken könnte. Das von den USA aufgekündigte Atomabkommen mit dem Iran hat er zwar als zusehends brüchiger bezeichnet und von Wegen gesprochen, das «zerstörerische Verhalten» des Iran im Zaum zu halten. Die Rückkehr zur Diplomatie sei dafür aber der richtige Weg. Eine Militäraktion unterstütze er nicht.
Proteste in Hongkong
Johnson stellte sich an die Seite der Demonstranten, als diese in der britischen Ex-Kolonie Proteste gegen ein Gesetzesvorhaben demonstrierten, das Auslieferungen an China erleichtert hätte. Die Protestierenden bewegten sich innerhalb ihrer Rechte, sagte Johnson: Er unterstütze sie und werde sich gerne für sie einsetzen.
Huawei und 5G-Netz
Eine Entscheidung über die Beteiligung des chinesischen Technologiekonzerns Huawei am Ausbau des britischen 5G-Netzes wurde durch Mays Rücktrittserklärung auf Eis gelegt. Johnson hat erklärt, Investitionen aus anderen Ländern könnten zwar erhebliche Vorteile mit sich bringen. Aber er werde keine Kompromisse auf Kosten der nationalen Sicherheits-Infrastruktur machen.
Er werde nichts tun, das die Fähigkeit der Geheimdienste zum Informationsaustausch im Rahmen des Fünf-Augen-Paktes der USA, Grossbritanniens, Kanadas, Neuseelands und Australiens (Five Eyes) beeinträchtige. Die USA fordern, Huawei wegen Sicherheitsbedenken vom 5G-Ausbau auszuschliessen.
Beziehungen zu den USA
Johnson will enge Beziehungen zu den USA aufrechterhalten. Sein Bemühen um US-Präsidenten Donald Trump war offenkundig, als er den bisherigen britischen Botschafter Kim Darroch in Washington nicht gegen US-Kritik verteidigte. Trumps Äusserungen über vier demokratische US-Kongressabgeordnete mit Migrationshintergrund nannte Johnson inakzeptabel, bezeichnete sie aber nicht als rassistisch.
Britische Wirtschaft
Johnson hat angekündigt, er werde Milliardensummen für öffentliche Dienstleistungen, Infrastruktur und Steuersenkungen aufwenden. Die Ausgaben für Bildung, Verkehr, superschnelles Breitband und Polizei sollen erhöht und ein Lohnerhöhungsstopp im öffentlichen Dienst beendet werden.
Johnson sieht nach eigenen Worten einen «fiskalischen Spielraum» von 27 Milliarden Pfund. Dabei bezieht er sich auf das Ziel der britischen Regierung für die Höhe des Haushaltsdefizits und der mittlerweile projizierten tatsächlichen Höhe des Defizits. «Ich bin bereit, Kredite aufzunehmen, um bestimmte grosse Ziele zu finanzieren, aber insgesamt werden wir die steuerliche Verantwortung wahren», sagte Johnson.
Steuersenkungen
Johnson sieht Raum für Steuersenkungen. Er will die Schwelle anheben, ab der der höhere Satz der Einkommensteuer fällig wird. Auch die Einkommensgrenze, ab der Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt werden, soll steigen. (SDA)