Brexit
Die Brexit-Abstimmung im Londonder Parlament wird nicht verschoben

London – Kurz vor der entscheidenden Brexit-Abstimmung im Londoner Parlament wird eine Niederlage für Premierministerin Theresa May immer wahrscheinlicher. Die Abstimmung soll nicht verschoben werden, wie spekuliert worden war.
Publiziert: 09.12.2018 um 13:33 Uhr
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Aktualisiert: 10.12.2018 um 09:59 Uhr
Zeitungen berichten, dass die britische Premierministerin Theresa May die für Dienstag geplante Abstimmung über den Brexit-Vertrag mit der EU verschieben will. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/EPA/JULIEN WARNAND

Am Sonntag warnte May ihre Parteimitglieder eindringlich davor, gegen das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen zum EU-Austritt zu stimmen. Im Falle einer Niederlage sind auch ein Rücktritt Mays und Neuwahlen möglich.

May droht mit No-Deal

"Wenn ihr den Brexit wollt, dann holt ihn euch, und darum geht es bei diesem Deal", sagte May der "Mail on Sunday". Oppositionsführer Jeremy Corbyn warte nur darauf, Neuwahlen zu erzwingen. Ein Nein zum Deal würde grosse Unsicherheiten mit sich bringen. Es bestünde dann auch die Gefahr, dass Grossbritannien gar nicht mehr die EU verlasse.

Berichten über eine Verschiebung der Abstimmung im Unterhaus widersprach Downing Street. "Die Abstimmung wird am Dienstag stattfinden", sagte eine Regierungssprecherin der deutschen Nachrichtenagentur DPA. Zuvor hatte die "Sunday Times" behauptet, dass May mehr Zeit für Gespräche in Brüssel gewinnen wolle, um den Sturz ihrer Regierung zu verhindern. "Das ist Spekulation", sagte die Sprecherin.

Gelingt May ein letzter Coup?

Der "Sunday Times" zufolge will May mit einem "Handtaschen-Moment" neue Bedingungen aushandeln. Dies spielt auf einen Auftritt der damaligen Premierministerin Margaret Thatcher bei einem EU-Gipfel 1984 an, als sie mehr Beitragsrabatt für ihr Land aushandelte. Die "Eiserne Lady" stellte mehrmals demonstrativ ihre Handtasche auf den Tisch.

Was passiert bei einem Nein zum Deal?

Was passiert nun, wenn das Brexit-Abkommen im Parlament durchfällt? Verschiedene Möglichkeiten sind denkbar: Sie reichen von einem zweiten Wahlgang im Parlament über einen ungeordneten EU-Austritt oder Neuwahlen bis hin zu einem zweiten Referendum. Brexit-Minister Steve Barclay schrieb im "Telegraph", dass sich die Regierung "auf alle Szenarien" vorbereite - der Brexit-Deal sei aber die beste Option.

Weicher Brexit

Die britische Arbeitsministerin Amber Rudd sprach sich am Samstag öffentlich für das Norwegen-Plus-Modell als "Plan B" aus, der eine fraktionsübergreifende Mehrheit bekommen könnte. Bei diesem Modell würde Grossbritannien im Europäischen Binnenmarkt und in der Zollunion bleiben. Norwegen ist Mitglied im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), aber nicht in der EU. Grossbritannien könnte zusätzlich eine Zollunion mit Brüssel beschliessen - also Norwegen plus.

Bei Kritikern ist diese Lösung allerdings als zu weicher Brexit verschrien. Sie befürchten, dass nahezu alles beim Alten bleibt, auch die Personenfreizügigkeit.

Zweites Referendum

Als Alternative hält Rudd auch ein zweites Referendum für denkbar. Sie selbst würde in einem solchen Fall für den Verbleib in der Europäischen Union stimmen. Ihre persönliche Ansicht habe sich inzwischen nicht geändert, betonte Rudd in der "Times". Grossbritannien will Ende März 2019 die Staatengemeinschaft verlassen.

Fehlende Zustimmung

Mehr als 100 Tories haben bereits signalisiert, dass sie nicht mit dem Brexit-Abkommen einverstanden sind. Auch die nordirische DUP, auf deren Stimmen Mays Minderheitsregierung angewiesen ist, und die Opposition kündigten Widerstand an. Labour-Chef Jeremy Corbyn wittert in Neuwahlen seine Chance. Mehrere Minister und andere hochrangige Regierungsvertreter sind bereits aus Protest zurückgetreten. Weitere Rücktritte in den nächsten Tagen werden nicht ausgeschlossen.

Brexit passt nicht mehr ins globale Gefüge

Der sozialdemokratische Europa-Spitzenkandidat Frans Timmermans lud die Briten ausdrücklich ein, den Brexit zu stoppen. Die Welt und die EU hätten sich seit dem Brexit-Votum 2016 geändert, sagte der Vizepräsident der EU-Kommission in Lissabon. Er verwies auf Risiken durch die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des US-Präsidenten Donald Trump, der Interesse an einem geteilten Europa habe. Der Wunsch aus dem Brexit-Referendum, Kontrolle zurückzugewinnen, lasse sich am besten gemeinsam erfüllen.

Der Brexit-Fahrplan - so geht es weiter
  • 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
  • 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
  • 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
  • Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
  • Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
  • 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
  • 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
  • 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
  • Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
  • Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
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