Brexit-Chaos
Theresa May gewinnt Vertrauensabstimmung im Parlament

London – Die britische Premierministerin Theresa May hat die Vertrauensabstimmung gewonnen. Das Unterhaus lehnte am Mittwoch den Misstrauensantrag gegen die Regierungschefin ab.
Publiziert: 16.01.2019 um 21:29 Uhr
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Aktualisiert: 18.01.2019 um 08:24 Uhr
Theresa May am Mittwochabend im britischen Parlament kurz vor dem Misstrauensvotum.
Foto: Keystone/AP/MARK DUFFY

 Eine Mehrheit von 325 zu 306 der Abgeordneten sprach May und ihrem Kabinett das Vertrauen aus.

Der britische Oppositionschef Jeremy Corbyn hatte zuvor eine Neuwahl gefordert. Die heftige Niederlage bei der Abstimmung über den Brexit-Deal am Dienstagabend habe gezeigt, dass die Regierung nicht in der Lage sei, weiterzumachen. Die "Zombie-Regierung", deren "Frankenstein-Deal" nun offiziell tot sei, solle den Weg frei machen, sagte der Labour-Politiker.

May konterte, eine Neuwahl sei "das Schlechteste, was wir machen können". Sie würde die Spaltung im Land vertiefen, Chaos und Stillstand bringen. Pete Wishart von der Schottischen Nationalpartei rief May zu: "Um Gottes Willen, Premierministerin, würden Sie bitte einfach gehen?"

Corbyn stellt nach Brexit-Nein Antrag für Misstrauensvotum

Zunächst dürfte nun aber Corbyn unter Druck geraten. Eine grosse Gruppe der Labour-Abgeordneten will, dass er sich hinter die Forderung nach einem zweiten Brexit-Referendum stellt. Corbyn hatte angekündigt, diese Option zu erwägen, sollte sich eine Neuwahl als unmöglich herausstellen.

Ein erfolgreiches Misstrauensvotum ist für Corbyn der einzig gangbare Weg, um das zu erreichen, doch der scheint nun verstellt. Doch es ist nicht auszuschliessen, dass Corbyn einen zweiten Versuch plant. Die Briten hatten bei einer Volksabstimmung im Juni 2016 mit knapper Mehrheit für den Austritt aus der EU gestimmt.

May hatte am Dienstag mit 432 zu 202 Stimmen eine Abstimmung über ihr mit Brüssel ausgehandeltes Brexit-Abkommen verloren. Daraufhin hatte Corbyn einen Misstrauensantrag gestellt.

Wie geht es mit dem Brexit weiter?

Die Premierministerin hat angekündigt, am kommenden Montag dem Parlament darzulegen, wie es weitergehen soll, um einen chaotischen EU-Austritt doch noch zu verhindern. Wenn ein Austritt ohne Abkommen vermieden werden soll, muss es innerhalb weniger Wochen eine Einigung geben. Am 29. März will Grossbritannien aus der EU austreten.

Für Mays Plan B zum Brexit sind mehrere Szenarien möglich: Sie könnte versuchen, weitere Zugeständnisse von der EU zu erreichen und das Abkommen dann erneut zur Abstimmung stellen.

Denkbar ist auch die Forderung nach einer Verschiebung des Austrittsdatums - oder ein ungeordneter Brexit am 29. März. Der britische Ex-Aussenminister und Brexit-Hardliner Boris Johnson sagte, das Votum vom Dienstag gebe May ein "massives Mandat", ihren Deal mit der EU nachzuverhandeln.

Die EU ist jedoch nicht bereit, den ausverhandelten Vertrag nochmals zu öffnen. EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagte am Mittwochmorgen in Strassburg, das Brexit-Abkommen sei der "bestmöglichen Kompromiss".

Und der Chefsprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker machte deutlich, "zum jetzigen Zeitpunkt gibt es nichts, was die EU noch tun könnte."

EU-Regierungsspitze sieht Grossbritannien in der Verwantwortung

Laut der deutschen Kanzlerin Angela Merkel ist es jetzt an der britischen Seite "uns zu sagen, wie es weiter geht". Man wolle den durch den britischen Austritt aus der EU entstehenden Schaden "so klein wie möglich halten. Deshalb werden wir auf jeden Fall versuchen, eine geordnete Lösung weiter zu finden".

Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte, man könne möglicherweise "ein oder zwei Punkte" im Austrittsvertrag verbessern. "Ich glaube aber nicht wirklich daran, denn wir sind mit dem Abkommen bereits an die Grenzen gegangen." Österreichs Kanzler Sebastian Kurz sagte: "Es wird jedenfalls keine Nachverhandlungen geben." Die Hand der EU bleibe aber ausgestreckt, um einen harten Brexit zu verhindern.

Aus diesem Grund hält der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte einen Aufschub für Grossbritannien für möglich. Wenn die Regierung in London die EU um mehr Zeit bitten sollte, dann werde das in Europa wohlwollend geprüft werden, sagte Rutte am Mittwoch in Den Haag dem niederländischen Fernsehen.

EU-Chefunterhändler Barnier liess zudem durchblicken, dass wenn Grossbritannien seine "roten Linien" überdenken sollte, die EU darauf eingehen werde. Heisst übersetzt: Bliebe Grossbritannien doch in der Zollunion oder gar im Binnenmarkt, würde man sich rasch einig.

Diskussion um zweites Referendum

Unterdessen werden in Grossbritannien die Rufe nach einem zweiten Referendum lauter. 71 Abgeordnete der oppositionellen Labour-Partei unterzeichneten am Mittwoch einen Brief, in dem sie eine weitere Volksabstimmung forderten mit der Option, die Brexit-Entscheidung rückgängig zu machen. Die schottische Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon sagte, ein zweites Referendum sei "die einzige glaubwürdige Option".

Den Brexit eingebrockt hatte der damalige Premierminister David Cameron. Er hatte das Referendum schon im Jahr 2013 für den Fall seiner Wiederwahl angekündigt und 2015 wurde unter seiner Ägide dann das entsprechende Gesetz verabschiedet.

Für einen Fehler hält Cameron das Brexit-Referendum trotz der aktuellen Regierungskrise nicht. "Ich bereue es nicht, das Referendum ausgerufen zu haben", sagte der konservative Politiker am Mittwoch der BBC. Den Ausgang des Referendums bedauerte der Ex-Premierminister hingegen.

Die Schritte ins Brexit-Chaos
  • 23. Januar 2013
    Um die Briten zu beruhigen, kündigt Premierminister David Cameron eine Abstimmung zum Brexit an.
     
  • 23. Juni 2016
    51,9 Prozent der Briten stimmen für den Austritt aus der EU.
     
  • 29. März 2017
    London reicht in Brüssel die Austrittserklärung ein. Die Uhr beginnt zu ticken, in zwei Jahren – am 29. März 2019 – müssen die Briten draussen sein.
     
  • 18. Januar 2018
    Das britische Unterhaus stimmt dem Austrittsgesetz zu.
     
  • 7. März 2018
    EU-Ratspräsident Donald Tusk betont, Grossbritannien werde nur noch wie ein Drittstaat behandelt.
     
  • 23. März 2018
    Die EU stimmt einer Übergangsphase zu. Den Briten blieben nach dem Brexit bis Ende 2020 alle Vorzüge und Pflichten eines EU-Landes.
     
  • 6. Juli 2018
    May schwört ihr Kabinett auf einen «weichen Brexit» ein. Kurz darauf treten Aussenminister Boris Johnson und Brexit-Chefunterhändler David Davis verärgert zurück.
     
  • 17. Oktober 2018
    Beim EU-Gipfel gibt es immer noch keinen Durchbruch. Stolperstein bleibt die Grenzfrage zwischen Irland und Nordirland.
     
  • 15. November 2018
    Nach der Einigung zwischen Brüssel und London auf den Text eines Austrittsabkommens treten aus Protest gleich mehrere von Mays Ministern zurück.
     
  • 25. November 2018
    Die Chefs der 27 EU-Länder stimmen dem Austrittsvertrag zu.
     
  • 11. Dezember 2018
    Wegen einer drohenden Niederlage verschiebt May die Abstimmung im Unterhaus über den Austrittsvertrag. Die Empörung über ihre Verzögerungstaktik ist gross.
     
  • 12. Dezember 2018
    Die Tories blasen in einem Misstrauensvotum zum Angriff auf ihre Parteichefin und Premierministerin. May übersteht die Vertrauensabstimmung mit 200 zu 117 Stimmen und bleibt auf ihrem Posten.
     
  • 15. Januar 2019
    Das britische Parlament hat Theresa Mays Brexit-Deal wuchtig mit 432 zu 202 Stimmen abgelehnt. Bis zum 31. Januar muss nun eine Lösung gefunden werden, ansonsten ist der harte Brexit Tatsache. Oppositionsführer und Labour-Chef Jeremy Corbyn stellt einen Antrag auf Vertrauensabstimmung und fordert Neuwahlen.
     
  • 16. Januar 2019
    Die britische Premierministerin Theresa May übersteht zum zweiten Mal innert wenigen Wochen eine Vertrauensabstimmung – diesmal im Parlament. Nach dem überstandenem Misstrauensvotum ruft May das Parlament zur Geschlossenheit in der Brexit-Frage auf.
     
  • 21. Januar 2019:
    May stellt dem Parlament keinen neuen Plan vor, sondern beharrt auf ihrer Linie. Die Premierministerin wiederholte den Aufruf, dass ein harter Ausstieg verhindert werden soll. May will ferner keine zweite Abstimmung, da sie im Parlament keine Mehrheit finden würde. In den nächsten Tagen will sie mit den Abgeordneten über die Nordirland-Lösung («Backstop») diskutieren.
     
  • 29. Januar 2019:
    Bei einer zweiten Abstimmung einigt sich dass britische Parlament darauf, dass es Nachverhandlungen mit der EU braucht. Nur zwei Monate vor dem Brexit will Theresa May das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen wieder aufschnüren. Doch Die Europäische Union lehnt die Änderung des Brexit-Vertrags nach wie vor ab.
     

  • 14. Februar 2019:
    Theresa May verliert erneut eine Abstimmung zum Brexit: Rund sechs Wochen vor dem EU-Austritt hat das britische Parlament die Beschlussvorlage der Regierung abgelehnt, welche die Entscheidungen einer Abstimmungsrunde von Ende Januar als Ganzes bestätigen sollte. Dazu gehörte auch die Ablehnung eines Brexits ohne Abkommen.

  • 26. Februar 2019
    Theresa May gibt ihren Widerstand gegen eine Verschiebung des Brexit auf und stellt einen Drei-Stufen-Plan vor: Am 12. März will sie (erneut) über den Brexit-Entwurf abstimmen. Sollten ihn die Parlamentarier ablehnen, will sie am 13. März darüber abstimmen lassen, ob Grossbritannien die EU ohne Abkommen verlassen soll (No-Deal-Szenario). Lehnen die Parlamentarier auch das ab, will sie am 14. März darüber abstimmen lassen, den Brexit zu verschieben.

  • 23. Januar 2013
    Um die Briten zu beruhigen, kündigt Premierminister David Cameron eine Abstimmung zum Brexit an.
     
  • 23. Juni 2016
    51,9 Prozent der Briten stimmen für den Austritt aus der EU.
     
  • 29. März 2017
    London reicht in Brüssel die Austrittserklärung ein. Die Uhr beginnt zu ticken, in zwei Jahren – am 29. März 2019 – müssen die Briten draussen sein.
     
  • 18. Januar 2018
    Das britische Unterhaus stimmt dem Austrittsgesetz zu.
     
  • 7. März 2018
    EU-Ratspräsident Donald Tusk betont, Grossbritannien werde nur noch wie ein Drittstaat behandelt.
     
  • 23. März 2018
    Die EU stimmt einer Übergangsphase zu. Den Briten blieben nach dem Brexit bis Ende 2020 alle Vorzüge und Pflichten eines EU-Landes.
     
  • 6. Juli 2018
    May schwört ihr Kabinett auf einen «weichen Brexit» ein. Kurz darauf treten Aussenminister Boris Johnson und Brexit-Chefunterhändler David Davis verärgert zurück.
     
  • 17. Oktober 2018
    Beim EU-Gipfel gibt es immer noch keinen Durchbruch. Stolperstein bleibt die Grenzfrage zwischen Irland und Nordirland.
     
  • 15. November 2018
    Nach der Einigung zwischen Brüssel und London auf den Text eines Austrittsabkommens treten aus Protest gleich mehrere von Mays Ministern zurück.
     
  • 25. November 2018
    Die Chefs der 27 EU-Länder stimmen dem Austrittsvertrag zu.
     
  • 11. Dezember 2018
    Wegen einer drohenden Niederlage verschiebt May die Abstimmung im Unterhaus über den Austrittsvertrag. Die Empörung über ihre Verzögerungstaktik ist gross.
     
  • 12. Dezember 2018
    Die Tories blasen in einem Misstrauensvotum zum Angriff auf ihre Parteichefin und Premierministerin. May übersteht die Vertrauensabstimmung mit 200 zu 117 Stimmen und bleibt auf ihrem Posten.
     
  • 15. Januar 2019
    Das britische Parlament hat Theresa Mays Brexit-Deal wuchtig mit 432 zu 202 Stimmen abgelehnt. Bis zum 31. Januar muss nun eine Lösung gefunden werden, ansonsten ist der harte Brexit Tatsache. Oppositionsführer und Labour-Chef Jeremy Corbyn stellt einen Antrag auf Vertrauensabstimmung und fordert Neuwahlen.
     
  • 16. Januar 2019
    Die britische Premierministerin Theresa May übersteht zum zweiten Mal innert wenigen Wochen eine Vertrauensabstimmung – diesmal im Parlament. Nach dem überstandenem Misstrauensvotum ruft May das Parlament zur Geschlossenheit in der Brexit-Frage auf.
     
  • 21. Januar 2019:
    May stellt dem Parlament keinen neuen Plan vor, sondern beharrt auf ihrer Linie. Die Premierministerin wiederholte den Aufruf, dass ein harter Ausstieg verhindert werden soll. May will ferner keine zweite Abstimmung, da sie im Parlament keine Mehrheit finden würde. In den nächsten Tagen will sie mit den Abgeordneten über die Nordirland-Lösung («Backstop») diskutieren.
     
  • 29. Januar 2019:
    Bei einer zweiten Abstimmung einigt sich dass britische Parlament darauf, dass es Nachverhandlungen mit der EU braucht. Nur zwei Monate vor dem Brexit will Theresa May das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen wieder aufschnüren. Doch Die Europäische Union lehnt die Änderung des Brexit-Vertrags nach wie vor ab.
     

  • 14. Februar 2019:
    Theresa May verliert erneut eine Abstimmung zum Brexit: Rund sechs Wochen vor dem EU-Austritt hat das britische Parlament die Beschlussvorlage der Regierung abgelehnt, welche die Entscheidungen einer Abstimmungsrunde von Ende Januar als Ganzes bestätigen sollte. Dazu gehörte auch die Ablehnung eines Brexits ohne Abkommen.

  • 26. Februar 2019
    Theresa May gibt ihren Widerstand gegen eine Verschiebung des Brexit auf und stellt einen Drei-Stufen-Plan vor: Am 12. März will sie (erneut) über den Brexit-Entwurf abstimmen. Sollten ihn die Parlamentarier ablehnen, will sie am 13. März darüber abstimmen lassen, ob Grossbritannien die EU ohne Abkommen verlassen soll (No-Deal-Szenario). Lehnen die Parlamentarier auch das ab, will sie am 14. März darüber abstimmen lassen, den Brexit zu verschieben.

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