Johnsons Tory-Partei übte vor dem ersten Sitzungstag nach der Sommerpause am Dienstag massiv Druck auf ihre Abgeordneten aus, nicht für ein von der Opposition geplantes Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit und für eine erneute Brexit-Verschiebung zu stimmen. Johnson soll Abweichlern sogar mit Parteiausschluss gedroht haben.
Es bleibt nicht viel Zeit für den Machtkampf
Johnson will das Vereinigte Königreich am 31. Oktober notfalls auch ohne Abkommen aus der EU führen. Die Opposition und einige Abgeordnete der regierenden Tories wollen das unbedingt verhindern.
Ihnen bleibt aber nicht viel Zeit: Schon kommende Woche schickt Johnson die Abgeordneten in die nächste Parlamentspause, die bis zum 14. Oktober dauern soll. Wegen dieser Zwangspause bleiben der Opposition und den Brexit-Rebellen bei den Tories nur wenige Tage, um einen Brexit ohne Abkommen am 31. Oktober per Gesetz zu verhindern.
Die Opposition will am Dienstag ihre Pläne für ein Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit vorlegen.
Hier einige mögliche Szenarien für beide Seiten:
Die Opposition
Dringlichkeitsdebatte
Die Abgeordneten, die gegen einen «harten Brexit» sind, haben angedeutet, die sogenannte Standing Order 24 zu nutzen, um am Dienstag eine Dringlichkeitsdebatte im Unterhaus abzuhalten. Solche Debatten führen normalerweise nicht zu verbindlichen Abstimmungen.
Die Hoffnung ist jedoch, dass Parlamentspräsident John Bercow ausnahmsweise eine solche Abstimmung zulässt. Das würden den Abgeordneten erlauben, die Tagesordnung im Unterhaus zu bestimmen und ein Gesetz zur Verschiebung des Brexit zur Abstimmung zu bringen.
Die Labour-Partei will nach Angaben ihres Brexit-Experten Keir Starmer ein Gesetz einbringen, das auch eine «Verlängerung» der Austrittsfrist über den 31. Oktober hinaus ermöglichen soll. Medienberichten zufolge üben die regierenden Tories bereits massiven Druck auf ihre Abgeordneten aus, nicht für ein solches Gesetz zu stimmen
Misstrauensvotum und Neuwahlen
Oppositionsführer Jeremy Corbyn hat ein mögliches Misstrauensvotum gegen Johnson ins Spiel gebracht. Die Regierung verfügt über eine Mehrheit von lediglich einer Stimme im Parlament. Für ein erfolgreiches Misstrauensvotum würde eine einfache Mehrheit genügen. Die Abgeordneten hätten danach 14 Tage Zeit, eine neue Regierung zu bilden
Die Opposition konnte sich bisher jedoch nicht darauf einigen, wer eine solche Übergangsregierung führen könnte. Die übrigen Parteien weigern sich bisher, zu Steigbügelhaltern von Labour-Chef Corbyn zu werden. Sollte nach zwei Wochen niemand eine Mehrheit im Unterhaus sichern können, würden Neuwahlen angesetzt. Es gibt jedoch keine Garantie dafür, dass diese vor dem derzeitigen Brexit-Datum am 31. Oktober abgehalten werden könnten.
Der Gang vors Gericht
Es sind bereits mehrere Klagen gegen die von Johnson verordnete Zwangspause für das Parlament bis zum 14. Oktober und einen Brexit ohne Abkommen anhängig. Schottlands höchstes Zivilgericht verhandelt am Dienstag über eine Klage schottischer Abgeordneter gegen die Zwangspause. Ein Londoner Gericht berät am Donnerstag über eine Klage der Anti-Brexit-Aktivistin Gina Miller, die ebenfalls eine gerichtliche Überprüfung der Zwangspause beantragt hat. Auch im nordirischen Belfast wurden Klagen eingereicht.
Den bestehenden Austrittsvertrag verabschieden
Parlamentarier, die unbedingt einen «No Deal»-Brexit verhindern wollen, könnten das von Johnsons Vorgängerin Theresa May mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen aus der Schublade holen. Dies wurde zwar dreimal vom Unterhaus abgelehnt und von Parlamentspräsident Bercow für weitere Abstimmungen blockiert. Befürworter könnten jedoch argumentieren, es sei besser als gar kein Abkommen.
Die Regierung
Das Parlament sabotieren
Die Regierung denkt angeblich über verschiedene Schritte nach, darunter auch das Vorstellen eines neuen Haushalts - ein Standardvorgang im britischen Gesetzgebungskalender, der das Parlament vor dem 31. Oktober zusätzlich beschäftigen würde.
Möglich wäre auch die Verschleppungstaktik, bei der Abgeordnete des Oberhauses immer weiter reden, um andere eben davon abzuhalten. So könnten im Unterhaus verabschiedete Gesetze zusätzlich blockiert werden. Medienberichten zufolge erwägt er sogar, Königin Elizabeth II. darum zu bitten, ein Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit nicht in Kraft zu setzen.
Opposition ignorieren
Johnson hat sich Berichten zufolge informiert, ob er rechtswidrig handeln würde, wenn er ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz für einen Brexit-Aufschub einfach ignorieren oder nach einem Misstrauensvotum nicht zurücktreten würde.
Das Volk befragen
Johnson könnte selbst eine Parlamentswahl ausrufen und darauf hoffen, ein Mandat für einen Brexit ohne Abkommen zu bekommen. Für Neuwahlen bräuchte er allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Parlament und müsste sich beim Urnengang darauf gefasst machen, Stimmen an die Brexit-Partei von Nigel Farage zu verlieren. (SDA)
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seit diesem Zeitpunkt fand zwischen der EU und Grossbritannien aber auch innerhalb des Vereinigten Königreichs ein langwieriger politischer Prozess der Kompromissfindung statt. Mehrere Abgeordnete und sogar Premierminister traten aufgrund der Vertragsverhandlungen zurück. Am 31. Januar 2020 trat Grossbritannien schliesslich aus der EU aus.
BLICK zeigt die wichtigsten Stationen des chaotischen Prozesses seit dem Austrittsvotum der Briten auf.
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seit diesem Zeitpunkt fand zwischen der EU und Grossbritannien aber auch innerhalb des Vereinigten Königreichs ein langwieriger politischer Prozess der Kompromissfindung statt. Mehrere Abgeordnete und sogar Premierminister traten aufgrund der Vertragsverhandlungen zurück. Am 31. Januar 2020 trat Grossbritannien schliesslich aus der EU aus.
BLICK zeigt die wichtigsten Stationen des chaotischen Prozesses seit dem Austrittsvotum der Briten auf.