Foto: Alberto Pezzali

Kurz vor Brexit-Gipfel der EU
Nordirische DUP-Partei lehnt Teile der Brexit-Vorschläge ab

Wenige Stunden vor dem EU-Gipfel in Brüssel sind die Chancen für ein schnelles Brexit-Abkommen wieder gesunken. Die nordirische Protestantenpartei DUP lehnt Teile der am Vorabend von London und Brüssel aushandelten Vorschläge zum EU-Austritt ab.
Publiziert: 17.10.2019 um 09:49 Uhr
|
Aktualisiert: 21.10.2019 um 10:23 Uhr
1/4
Die Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland ist einer der Knackpunkte in den Brexit-Verhandlungen.
Foto: Peter Morrison

Das geht aus einer Mitteilung der Partei vom Donnerstag hervor. «So wie die Dinge stehen, können wir nicht unterstützen, was zum Zoll und zu Zustimmungsfragen vorgeschlagen worden ist», erklärten Parteichefin Arlene Foster und Fraktionschef Nigel Dodds.

Zudem gebe es einen «Mangel an Klarheit» bei der künftigen Mehrwertsteuerregelung, teilte die DUP mit. Sie werde jedoch weiterhin mit der Regierung zusammenarbeiten, «um ein vernünftiges Abkommen zu erzielen, das für Nordirland funktioniert und die wirtschaftliche und verfassungsmässige Integrität des Vereinigten Königreichs schützt».

Ist der Brexit-Deal vor dem EU-Gipfel noch zu retten?

Damit versetzte die DUP dem britischen Premierminister Boris Johnson nur wenige Stunden vor dem entscheidenden EU-Gipfel einen schweren Schlag. Die mit Johnsons konservativen Tories verbündete DUP galt bei der Frage, ob Johnson bei einer Einigung mit Brüssel das Abkommen durch das britische Unterhaus bekommt, schon lange als Unsicherheitsfaktor.

Der französische Europastaatssekretär Jean-Baptiste Lemoyne sagte unterdessen dem Sender Public Sénat am Donnerstag, eine Einigung zwischen der EU und Grossbritannien sei «greifbar nah, aber nicht garantiert». Im Falle einer Einigung müsse noch das britische Parlament zustimmen. Dazu müsse Johnson mit der DUP verhandeln, was «nicht einfach» sei.

Warten auf den Durchbruch

Die EU und Grossbritannien hatten am Mittwoch bis spät in die Nacht über den Brexit verhandelt, aber keinen Durchbruch erzielt. Der Knackpunkt in den Verhandlungen sei die künftige Mehrwertsteuerregelung für die britische Provinz Nordirland, sagten mehrere Diplomaten der Nachrichtenagentur AFP.

Seit Tagen verhandelten beide Seiten über Änderungen am Austrittsvertrag, den die damalige Premierministerin Theresa May 2018 noch mit Brüssel vereinbart hatte. Ihr Nachfolger Johnson verlangte Änderungen, weil er eine zu enge Bindung an die EU befürchtete.

Streitpunkt war vor allem die enthaltene Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland, der sogenannte Backstop. Johnson wollte ihn unbedingt streichen.

Was ist der Backstop?

Das ursprüngliche Abkommen sieht für Nordirland eine spezielle Zollunion mit der EU vor. Damit sollte eine harte Grenze auf der irischen Insel verhindert werden. Sollte vor dem Austritt Grossbrittaniens aus der EU am 29. März kein Vertrag zustande, kommt der sogenannte Backstop zum Zug.

Die Übergangsmassnahme soll eine harte Grenze auf der Insel verhindern, indem Nordirland teil des EU-Binnenmarktes bliebe.

Doch vor allem dieser Backstop stösst bei Unionisten und Konservativen in England auf Widerstand. Denn mit einem Backstop verliefe die EU-Aussengrenze zwischen Irland und Grossbritannien in der irischen See. Exporte aus England nach Nordirland wären dann nicht mehr so einfach möglich und würde der britischen Wirtschaft schaden.

Größter Streitpunkt der Brexit-Verhandlungen ist der sogenannte Backstop.

Das ursprüngliche Abkommen sieht für Nordirland eine spezielle Zollunion mit der EU vor. Damit sollte eine harte Grenze auf der irischen Insel verhindert werden. Sollte vor dem Austritt Grossbrittaniens aus der EU am 29. März kein Vertrag zustande, kommt der sogenannte Backstop zum Zug.

Die Übergangsmassnahme soll eine harte Grenze auf der Insel verhindern, indem Nordirland teil des EU-Binnenmarktes bliebe.

Doch vor allem dieser Backstop stösst bei Unionisten und Konservativen in England auf Widerstand. Denn mit einem Backstop verliefe die EU-Aussengrenze zwischen Irland und Grossbritannien in der irischen See. Exporte aus England nach Nordirland wären dann nicht mehr so einfach möglich und würde der britischen Wirtschaft schaden.

Deal or No-Deal?

Johnson will sein Land am 31. Oktober aus der EU führen, notfalls auch ohne Abkommen mit der EU. Allerdings hatte das britische Parlament Johnson im September per Gesetz dazu verpflichtet, eine Brexit-Verschiebung zu beantragen, sollte es bis zum 19. Oktober keine Einigung mit der EU auf ein Abkommen geben. (SDA)

Die komplette Brexit-Chronologie

Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seit diesem Zeitpunkt fand zwischen der EU und Grossbritannien aber auch innerhalb des Vereinigten Königreichs ein langwieriger politischer Prozess der Kompromissfindung statt. Mehrere Abgeordnete und sogar Premierminister traten aufgrund der Vertragsverhandlungen zurück. Am 31. Januar 2020 trat Grossbritannien schliesslich aus der EU aus.

BLICK zeigt die wichtigsten Stationen des chaotischen Prozesses seit dem Austrittsvotum der Briten auf.


Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seit diesem Zeitpunkt fand zwischen der EU und Grossbritannien aber auch innerhalb des Vereinigten Königreichs ein langwieriger politischer Prozess der Kompromissfindung statt. Mehrere Abgeordnete und sogar Premierminister traten aufgrund der Vertragsverhandlungen zurück. Am 31. Januar 2020 trat Grossbritannien schliesslich aus der EU aus.

BLICK zeigt die wichtigsten Stationen des chaotischen Prozesses seit dem Austrittsvotum der Briten auf.


Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?