«Der Geist von Bratislava war ein Geist der Zusammenarbeit», sagte die deutsche Kanzlerin Merkel nach dem Gipfeltreffen am Freitag in Bratislava bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem französischen Präsidenten François Hollande.
Bereits vor dem Treffen hatten sich die EU-Chefs versöhnlich gezeigt. «Wir alle wollen Geschlossenheit zeigen», sagte Robert Fico, slowakischer Ministerpräsident und Gipfel-Gastgeber.
Die deutsche Kanzlerin sagte ihrerseits: «Es geht darum, durch Taten zu zeigen, dass wir besser werden können.» Denn ähnlich wie auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede am Mittwoch zur Lage der Union sieht sie die EU in einer «kritischen Situation».
Der belgische Ministerpräsident Charles Michel bezeichnete den Gipfel als «Moment der Wahrheit». Und Hollande forderte neue Impulse für die EU.
Das informelle Gipfeltreffen in Bratislava war nach der Brexit-Abstimmung der Briten angesetzt worden, damit die verbleibenden 27 EU-Staaten ihr weiteres Vorgehen besprechen können. «Wir wollen alle zeigen, dass das EU-Projekt weitergeht», sagte Fico.
Ziel des Gipfels war daher, sich auf Bereiche zu einigen, die unbestritten sind und in denen schnell für die EU-Bürger sichtbare Fortschritte erzielt werden können. Merkel sprach von guten und konstruktiven Beratungen.
Breite Zustimmung gab es gemäss der Kanzlerin bei der Stärkung der inneren und äusseren Sicherheit. Dazu zählt etwa der bessere Schutz der EU-Aussengrenze - dies auch mit Blick auf die anhaltende Migration. Auch Fluchtursachen sollen noch stärker bekämpft werden.
Gemäss der «Roadmap» soll zudem analog zum Esta-System in den USA ein Registrierverfahren für EU-Reisende aufgebaut werden. Damit soll kontrolliert werden, wer sich in der EU aufhält. Und auch der Vorschlag von Deutschland und Frankreich für ein gemeinsames Hauptquartier für EU-Missionen stiess auf positives Echo.
Weitere wichtige Prioritäten sahen die EU-Chefs in der Stärkung der Wirtschaft einschliesslich der Schaffung von Arbeitsplätzen. Dies vor allem auch mit Blick auf die jungen Europäer, denen eine Perspektive geboten werden soll.
Die EU-Chefs sind sich gemäss Merkel einig, dass «wir ohne die europäische Einigung diese Ziele nicht werden erreichen können. Jedenfalls bei weitem nicht so gut erreichen können, wie wir das jetzt gemeinsam können.»
Um die Ziele zu erreichen, hatten bereits im Vorfeld viele Gespräche stattgefunden. So etwa trat EU-Ratspräsident Donald Tusk wie auch Merkel mit allen anderen Staats- und Regierungschefs in Kontakt. Zudem tagte der so genannte «Club Med», bestehend aus Griechenland, Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, Zypern und Malta, vor den Gipfel und forderten ein neues Wachstumsprogramm.
Die vier Visegrad-Staaten Polen, Ungarn, Tschechien sowie die Slowakei stimmten ebenfalls ihre Positionen ab. In einer Erklärung am Gipfel bekannten sie sich zur EU, plädierten aber für eine «flexiblere Solidarität» in der Migrationspolitik. Denn sie lehnen die Einführung fixer Quote zur Verteilung von Flüchtlingen in Europa ab. So schlugen sie vor, dass wer weniger Flüchtlinge aufnimmt, dafür mehr für den gemeinsamen Grenzschutz tun könnte.
Im August schliesslich gab es noch einmal ein Treffen zwischen Merkel, Hollande und dem italienischen Ministerpräsident Matteo Renzi. Und am Donnerstag reiste die deutsche Kanzlerin nach Paris zur Abstimmung der deutsch-französischen Position.
Nach diesem EU-Gipfel liegen nun laut Merkel «Monate intensiver Arbeit vor uns». Anfang 2017 wollen die 27 EU-Chefs in Malta dann erneut zusammenkommen. Schon im März, bei der 60-Jahr Feier zur Unterzeichnung der Römischen Verträge in Rom, sollen bereits sichtbare Fortschritte vorliegen.
«Die EU ist nicht perfekt, aber sie ist das beste Instrument, das wir haben, um den Herausforderungen vor uns zu begegnen», heisst in der Abschlusserklärung der EU-Chefs.
Es gab aber auch Kritik am Gipfel. «Ein Schritt vorwärts, aber ein kleiner, sehr kleiner», twitterte Italiens Regierungschef Matteo Renzi. Ein gemeinsamer Auftritt mit Merkel und Hollande nach dem Gipfel sei unmöglich gewesen, weil für ihn das Ergebnis kein Erfolg sei. Der rechts-konservative ungarische Ministerpräsident Viktor Orban bezeichnete den Gipfel als erfolglos, weil «es nicht gelungen ist, die Einwanderungspolitik Brüssels zu ändern».
Der Brexit selbst war kein offiziell traktandiertes Thema am Gipfel, ist aber beim Arbeitsessen auf einem Donau-Kreuzfahrtschiff zur Sprache gekommen, wie es aus Diplomatenkreisen hiess.