Irlands Regierungschef Leo Varadkar habe den britischen Premierminister in einem Telefonat am Mittwochabend darauf hingewiesen, dass die Vorschläge noch kein vollwertiger Ersatz für den Backstop seien, teilte Dublin mit.
Johnson stellt Pläne für irische Grenze vor
Als Backstop wird die Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland im EU-Austrittsabkommen bezeichnet. Johnson fordert, dass sie gestrichen wird.
Der Premier hatte am Mittwoch bei seiner Abschlussrede zum Tory-Parteitag in Manchester erste Pläne vorgelegt, wie Grenzkontrollen auf der irischen Insel auch ohne Backstop vermieden werden können.
Heute will der Premier in London das Parlament über seine neusten Brexit-Pläne informieren. Mit der Erklärung Johnsons wird am frühen Nachmittag gerechnet.
Ultimatum an die EU
Er stellt nun Brüssel vor die Wahl zwischen einem Deal auf dieser Grundlage und einem ungeregelten EU-Austritt am 31. Oktober. Trotz einer skeptischen ersten Bewertung will die Europäische Union über das Konzept verhandeln, um einen Chaos-Brexit abzuwenden.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte nach einem Telefonat mit Johnson, in dessen Vorschlägen steckten «positive Fortschritte». Doch blieben auch «problematische Punkte».
Dies erfordere Arbeit in den kommenden Tagen. Treffen der Verhandlungsteams seien bereits angesetzt. «Wir wollen einen Deal», hiess es weiter. Daran werde die EU rund um die Uhr arbeiten.
EU will drei Ziele verteidigen
EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagte am Mittwochabend, es bleibe viel Arbeit, um die drei Ziele des Backstops zu bewahren:
- keine Grenzanlagen
- ein gemeinsamer Wirtschaftsraum auf der irischen Insel
- Schutz des EU-Binnenmarkts.
«Wir werden weiter arbeiten, um eine Einigung zu erreichen», sagte Barnier. «No-Deal wird niemals die Wahl der EU sein, niemals.
Wie will Johnson mit dem Backstop verfahren?
Der Backstop sollte dafür sorgen, dass an der inneririschen Grenze keine Waren- und Zollkontrollen notwendig sind. Diese gelten als politisch heikel in der ehemaligen Bürgerkriegsregion.
Johnson will als Ersatz eine komplizierte Regelung, die Zollkontrollen erforderlich machen würde, wenn auch nicht direkt an der Grenze.
Johnson schlägt auch vor, dass in Nordirland weiter EU-Standards für Agrarprodukte und andere Waren gelten. Das ist der EU wichtig, um ihren Binnenmarkt zu schützen.
Allerdings will Johnson die Entscheidung, wie lange das gilt, in die Hand des nordirischen Regionalparlaments legen. Die Volksvertreter sollen alle vier Jahre entscheiden, ob es dabei bleibt.
Der Vorschlag ist für die EU schwierig. Dass die nordirische Vertretung immer neu über die Regelung abstimmen soll, könnte auf eine Befristung der Garantie einer offenen Grenze hinauslaufen, die Brüssel immer vermeiden wollte. Auch eine Zollgrenze will die EU nicht. Zollkontrollen weit entfernt von der Grenze, wie Johnson sie vorschlägt, hielt Brüssel bisher für nicht machbar.
Wie geht es jetzt mit dem Brexit-Deal weiter?
Die Brexit-Steuerungsgruppe im Europaparlament will sich am Donnerstag in einer Erklärung zu Johnsons Vorschlägen äussern - in einer ersten Reaktion hatte der Vorsitzende Guy Verhofstadt schon angedeutet, dass die Abgeordneten das Konzept nicht positiv aufgenommen haben.
Nachmittags wollen auch die Botschafter der 27 bleibenden EU-Staaten Johnsons Vorstoss beraten. Zum Showdown kommen soll es beim EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober.
Keine Mehrheit für Premier
Positive Rückmeldungen bekam Johnson von den Brexit-Hardlinern in seiner Partei und seinen Verbündeten von der nordirisch-protestantischen DUP. Um eine Mehrheit im Parlament dafür zu erringen, bräuchte der Premier jedoch die Unterstützung einer beträchtlichen Zahl von Abgeordneten der oppositionellen Labour-Partei. Diese kritisierten jedoch Johnsons neue Vorschläge.
Johnson will Parlament erneut aussetzen
Johnson kündigte unterdessen am Mittwochabend eine weitere kurze Suspendierung des Parlaments in London vom 8. bis 14. Oktober an. Da die Pause im Rahmen des Üblichen liegt, dürfte sie weit weniger umstritten sein als der erste Versuch.
Eine von Johnson verhängte fünfwöchige Zwangspause des Parlaments war kürzlich vom Obersten Gericht für illegal erklärt und aufgehoben worden.
Die sogenannte Prorogation ist in Grossbritannien einmal pro Jahr üblich. Das Parlament wird dann feierlich durch Königin Elizabeth II. wiedereröffnet, die in der sogenannten Queen's Speech das Regierungsprogramm verliest. Normalerweise ist diese Pause aber nur wenige Tage lang.
(SDA)
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.
Das ursprüngliche Abkommen sieht für Nordirland eine spezielle Zollunion mit der EU vor. Damit sollte eine harte Grenze auf der irischen Insel verhindert werden. Sollte vor dem Austritt Grossbrittaniens aus der EU am 29. März kein Vertrag zustande, kommt der sogenannte Backstop zum Zug.
Die Übergangsmassnahme soll eine harte Grenze auf der Insel verhindern, indem Nordirland teil des EU-Binnenmarktes bliebe.
Doch vor allem dieser Backstop stösst bei Unionisten und Konservativen in England auf Widerstand. Denn mit einem Backstop verliefe die EU-Aussengrenze zwischen Irland und Grossbritannien in der irischen See. Exporte aus England nach Nordirland wären dann nicht mehr so einfach möglich und würde der britischen Wirtschaft schaden.
Das ursprüngliche Abkommen sieht für Nordirland eine spezielle Zollunion mit der EU vor. Damit sollte eine harte Grenze auf der irischen Insel verhindert werden. Sollte vor dem Austritt Grossbrittaniens aus der EU am 29. März kein Vertrag zustande, kommt der sogenannte Backstop zum Zug.
Die Übergangsmassnahme soll eine harte Grenze auf der Insel verhindern, indem Nordirland teil des EU-Binnenmarktes bliebe.
Doch vor allem dieser Backstop stösst bei Unionisten und Konservativen in England auf Widerstand. Denn mit einem Backstop verliefe die EU-Aussengrenze zwischen Irland und Grossbritannien in der irischen See. Exporte aus England nach Nordirland wären dann nicht mehr so einfach möglich und würde der britischen Wirtschaft schaden.