Ein historischer Moment: Der britische EU-Botschafter Tim Barrow überreichte den britischen EU-Austritts-Brief heute um 13.30 Uhr dem EU-Ratspräsidenten Donald Tusk. Damit wurde der Abschied Grossbritanniens aus der EU nach Artikel 50 offiziell eingeleitet. Eine Premiere: Das Vereinte Königreich ist der erste europäische Staat, der die EU wieder verlässt.
«Nach neun Monaten hat Grossbritannien geliefert», twitterte EU-Ratspräsident Donald Tusk kurz nach der Übergabe.
Theresa May hatte das Dokument gestern im Regierungssitz in der Downing Street in London unterzeichnet, bevor es unter hohen Sicherheitsvorkehrungen per Kurier nach Brüssel gebracht wurde. (BLICK berichtete).
«Es gibt kein Zurück»
In einer Rede in London, kurz nach der Übergabe-Zeremonie, besiegelt auch die Premierministerin May den offiziellen Austritt: «Das ist ein historischer Moment, von dem es kein Zurück geben kann». Sie möchte, dass Grossbritannien ein «sicherer, wohlhabender Staat bleibt» – und «Freund der Europäischen Union». Die Beziehung zur EU soll «neu, speziell und tief» sein.
Sie habe im Schreiben auf eine «konstruktive Partnerschaft hingewiesen», die sie beibehalten wolle. «Ich habe grosse Ziele mit Grossbritannien», sagt die Premierministerin.
«Wir wollen sicherstellen, dass wir Handelsabkommen mit Ländern ausserhalb der EU abschliessen können.» Auch in der Terrorismusbekämpfung wolle sie weiterhin mit anderen Nationen zusammenarbeiten.
May fordert faire Verhandlungen – für die EU und Grossbritannien. «Europa soll weiter groß und stark bleiben.» Die Tonalität von Mays Rede war der EU gegenüber sehr positiv gefärbt – «The Guardian» bezeichnet ihr Statement gar als «die pro-europäischste Rede, die sie als Premierministerin je gehalten hat».
Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk richtete kurz nach Mays Rede Worte an die Öffentlichkeit: Er habe ein sechsseitiges Dokument erhalten, welches die Verhandlungen über den Brexit einläuten. Es gebe jedoch keinen Grund, so zu tun, als ob dies ein glücklicher Tag wäre – die meisten Europäer, inklusive fast die Hälfte aller Briten, hätten sich gewünscht eine Union zu bleiben.
Der Countdown läuft: 21'000 Regeln und Gesetze warten auf Bearbeitung
Zwar stehen nun offiziell 24 Monate für die Brexit-Verhandlungen zur Verfügung – in Realität verkürze sich diese Zeit unter anderem wegen der erforderlichen Beteiligung des Europäischen Parlaments auf 15 Monate.
Die Experten auf britischer und EU-Seite haben in dieser Zeit noch einiges vor: Rund 21'000 EU-Regeln und -Gesetze müssen erörtert werden. Ärger deutet sich schon jetzt bei der Austrittsrechnung an. Experten sprechen von bis zu 60 Milliarden Euro, die die EU noch von Grossbritannien verlangen könnte. (SDA/kra)