Trotz Brexit-Chaos
Boris Johnson hält Einigung bis zum EU-Gipfel für möglich

Der britische Premierminister Boris Johnson hält im Brexit-Streit eine Einigung mit der Europäischen Union bis zum EU-Gipfel Mitte Oktober noch für möglich.
Publiziert: 16.09.2019 um 10:06 Uhr
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Aktualisiert: 16.09.2019 um 14:56 Uhr
Der britische Premierminister Boris Johnson gab sich optimistisch kurz vor seinem Treffen mit EU- Kommissionschef Jean-Claude Juncker in Luxemburg. (Archivbild)

«Wenn wir in den nächsten Tagen genug Fortschritte erzielen, werde ich zu diesem entscheidenden Gipfel am 17. Oktober gehen und eine Vereinbarung abschliessen, die die Interessen der Wirtschaft und der Bürger auf beiden Seiten des Ärmelkanals und auf beiden Seiten der Grenze in Irland schützt», schrieb Johnson am Montag in der britischen Zeitung «Telegraph».

Johnson glaub immer noch an Deal

«Ich glaube leidenschaftlich, dass wir das schaffen können», betonte Johnson kurz vor seinem Treffen mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in Luxemburg. Der Premier will Grossbritannien an Halloween (31. Oktober) aus der EU führen und hatte wiederholt mit einem chaotischen Brexit gedroht, falls es zu keiner Einigung komme.

Brexit um jeden Preis

Im «Telegraph» lehnte er eine Verschiebung des Brexits erneut ab. Im Falle eines Austritts ohne Abkommen wird mit erheblichen Schäden für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche gerechnet.

Ein jüngst verabschiedetes Gesetz verpflichtet den Premierminister eigentlich, eine weitere Verschiebung zu beantragen, sollte nicht rechtzeitig ein Abkommen ratifiziert sein. Johnson will sich dem nicht beugen.

Auch die Wirtschaft dringt auf einen geordneten Ausstieg. Der europäische Unternehmerverband BusinessEurope warnte für den Fall eines ungeregelten Brexits vor einem Desaster und forderte dringend, ein solches Szenario auszuschliessen.

Vorteil für Bürger und Wirtschaft bei einem geregelten Austritt wäre die im Vertrag vorgesehene Übergangsfrist bis Ende 2020, in der sich zunächst praktisch nichts ändert. In der Zeit wollen beide Seiten ihre künftigen Beziehungen aushandeln.

Gespräche mit Jean-Claude Juncker

Johnson und Juncker sind für Montagmittag zu ihrem ersten direkten Treffen verabredet, seitdem Johnson im Juli Premierminister wurde. Johnson trifft auch den luxemburgischen Ministerpräsidenten Xavier Bettel und gibt am Nachmittag eine Pressekonferenz. Der britische Regierungschef hatte schon am Wochenende Zuversicht verbreitet. EU-Diplomaten erwarteten in Luxemburg jedoch keinen Durchbruch.

EU wartet auf neue Vorschläge

Die EU-Seite ist viel skeptischer als Johnson und wartet immer noch auf konkrete Vorschläge aus London. «Ich glaube, wir haben alle Interesse an einer Einigung», sagte die französische Europa-Staatssekretärin Amélie de Montchalin am Rande eines EU-Treffens in Brüssel. «Wenn Grossbritannien Vorschläge hat und sie vorträgt, dann sind wir bereit, sie uns anzuhören.» Der belgische Aussenminister Didier Reynders äusserte sich ähnlich.

Österreichs Europaminister Alexander Schallenberger meinte sogar: «Wenn Premierminister Johnson nicht mit etwas Neuem im Gepäck zum Gespräch und Besuch mit Juncker kommt, dann gibt es ehrlicherweise auf unserer Seite keinen Bedarf mehr, dann wird es einen Hard-Brexit geben. Die Briten müssen uns sagen, was sie brauchen, um das Parlament in London überzeugen zu können.»

Streit um Backstop

Doch obwohl die damalige Premierministerin Theresa May den Deal schon voriges Jahr mit der EU schloss, ist er vom britischen Parlament noch immer nicht ratifiziert. Er fiel drei Mal durch, unter anderem wegen des sogenannten Backstops für Irland.

Es geht um die Frage, wie trotz Brexits eine feste EU-Aussengrenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland vermieden werden kann. Denn eine erneute Teilung der Insel widerspräche dem Karfreitags-Friedensabkommen von 1998 und könnte auf der Insel Unruhen auslösen.

Die EU verlangt, dass ganz Grossbritannien notfalls in der EU-Zollunion bleiben soll, bis eine bessere Lösung gefunden wird. Johnson will diese Klausel streichen, weil Grossbritannien sonst keine eigene Handelspolitik machen könnte. Er will alternative Lösungen. Wie sie aussehen sollen, ist unbekannt.

Vertrauen in Regierung schwindet

Angesichts der heftigen Brexit-Streitereien und auch Tricksereien haben viele Briten einer Umfrage zufolge kein grosses Vertrauen mehr in ihr Parlament. 74 Prozent der Befragten glauben, dass dieses «nicht fit für das 21. Jahrhundert» ist. Etwa 80 Prozent halten der ComRes-Umfrage zufolge Reformen für dringend notwendig. (SDA)

Der Brexit-Fahrplan: Was kommt als nächstes?

Wenige Wochen vor dem geplanten EU-Austritt Grossbritanniens am 31. Oktober geht das Ringen um den Brexit in die heisse Phase. Diese Termine lassen sich absehen:

  • 24. September
    Entscheid des Supreme Courts über die Zwangspause der Parlaments.
     
  • 25. September
    Nach dem höchstrichterlichen Urteil in Grossbritannien gegen die von der Regierung verfügte fünfwöchige Zwangspause des Parlaments kommen die Abgeordneten früher wieder zusammen.
     
  • Expertengespräche Grossbritanniens mit der EU über Änderungen am Austrittsvertrag in Brüssel.
     
  • 29. September bis 2. Oktober
    Parteitag der regierenden britischen Konservativen in Manchester.
     
  • 15. Oktober
    In Luxemburg wollen die verbliebenen 27 EU-Länder auf Ministerebene über den Brexit beraten
     
  • 17. und 18. Oktober
    EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs.
     
  • 19. Oktober
    Frist im Gesetz gegen No-Deal-Brexit läuft ab. Sollte bis dahin kein Austrittsabkommen ratifiziert sein, muss der britische Premierminister eine Verschiebung des Brexits beantragen.
     
  • 31. Oktober
    Voraussichtlich letzter Tag der britischen EU-Mitgliedschaft.

(SDA)

 

Wenige Wochen vor dem geplanten EU-Austritt Grossbritanniens am 31. Oktober geht das Ringen um den Brexit in die heisse Phase. Diese Termine lassen sich absehen:

  • 24. September
    Entscheid des Supreme Courts über die Zwangspause der Parlaments.
     
  • 25. September
    Nach dem höchstrichterlichen Urteil in Grossbritannien gegen die von der Regierung verfügte fünfwöchige Zwangspause des Parlaments kommen die Abgeordneten früher wieder zusammen.
     
  • Expertengespräche Grossbritanniens mit der EU über Änderungen am Austrittsvertrag in Brüssel.
     
  • 29. September bis 2. Oktober
    Parteitag der regierenden britischen Konservativen in Manchester.
     
  • 15. Oktober
    In Luxemburg wollen die verbliebenen 27 EU-Länder auf Ministerebene über den Brexit beraten
     
  • 17. und 18. Oktober
    EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs.
     
  • 19. Oktober
    Frist im Gesetz gegen No-Deal-Brexit läuft ab. Sollte bis dahin kein Austrittsabkommen ratifiziert sein, muss der britische Premierminister eine Verschiebung des Brexits beantragen.
     
  • 31. Oktober
    Voraussichtlich letzter Tag der britischen EU-Mitgliedschaft.

(SDA)

 

Brexit-News

Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.

Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.

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