Der Schweizer Andrea B.* ist in Brasilien zu sieben Jahren, acht Monaten und zwölf Tagen Haft verurteilt worden. Das Gericht entschied, der selbstständige Vermögensberater habe zwischen 2010 und 2013 Geld in Höhe von mindestens 21,7 Millionen Dollar gewaschen.
Dabei geht es um den Petrobras-Skandal, die grösste Korruptionsaffäre im korruptionserfahrenen Land. Private Baukonzerne haben für den halbstaatlichen Ölriesen Petrobras jahrelang Aufträge zu überteuerten Preisen ausgeführt und die gewonnenen Mehreinnahmen mit der wirtschaftlichen und politischen Elite des Landes geteilt.
Schmiergeldkonten eröffnet
Der ehemalige UBS- und BSI-Angestellte habe dabei kräftig mitgeholfen, entschied diese Woche ein Richter in Curitiba. Die Justiz sieht es als erwiesen an, dass Andrea B. während seiner Zeit bei der Tessiner Bank BSI drei Konten eröffnete, auf die Bestechungsgelder flossen.
Nach dem Urteil schreibt der Schweiz-Spanische Doppelbürger Blick in einer E-Mail, dass er den Entscheid anfechten werde: «Im Urteil sind keinerlei Beweise aufgeführt. Der Richter hat die Tatsachen zu seinen Gunsten gedreht!».
Seit 4 Jahren in Brasilien
Zudem sei noch ein Urteil des Supreme Courts, dem höchsten Gericht Brasiliens, ausstehend. Dabei gehe es darum zu klären, ob Brasilien überhaupt für ihn zuständig sei. In der Schweiz sei noch nie ein Verfahren gegen ihn eröffnet worden.
B. sitzt seit November 2017 in Brasilien fest. Damals flog er geschäftlich hin, nicht ahnend, dass gegen ihn ein Haftbefehl ausgestellt worden war. Als er brasilianischen Boden betrat, schnappte die Justiz zu. Sein Pass wurde ihm abgenommen, einen Job darf er sich nicht suchen. Falls er das Urteil akzeptiert, müsste er jeweils nachts in den Knast.
Die Spur führt immer wieder in die Schweiz
Seit 2014 ermittelt die brasilianische Justiz in der «Operação Lava Jato» (Operation Lava Jato), benannt nach den dortigen Autowaschanlagen. Über tausend Gerichtsverfahren wurden bisher geführt, Hunderte Politiker und Manager sitzen oder sassen im Gefängnis.
Noch ist das finanzielle Ausmass des Skandals nicht abschätzbar. Bekannt sind bislang Schmiergeldzahlungen von knapp zwei Milliarden Franken. Einen Grossteil davon verfolgte die brasilianische Justiz in die Schweiz zurück. Dabei darf Brasilien auf die Hilfe der Schweizer Bundesanwaltschaft zählen, die betroffene Konti einfriert und Tausende Seiten mit Unterlagen nach Brasilien schickt.
Korrupte Präsidenten, befangene Korruptionsjäger
Die damalige brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff (2011–2016) verlor wegen der Affäre ihr Amt, ihr Vorgänger Luiz Inácio Lula da Silva (2003–2011) wurde festgenommen und zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Im Herbst 2019 wurde Lula allerdings freigelassen. Kurz zuvor tauchten Dokumente auf, die zeigten, dass der federführende Richter Sergio Moro bei einigen seiner Entscheidungen im Petrobras-Skandal parteiisch gewesen war. Er gab Insiderinformationen an Staatsanwälte weiter um zu verhindern, dass die Arbeiterpartei von Ex-Präsident Lula 2018 die Wahl gewinnt. Vor wenigen Wochen wurde Moro, der auch die Anklage gegen Andrea B. führte, vom obersten Gerichtshof Brasiliens im Fall Lula als «befangen» erklärt.
Der aktuelle brasilianische Präsident, Jair Bolsonaro (66), wurde auch gewählt, weil er versprach, vehement gegen Korruption innerhalb der Regierung anzukämpfen. Zu seinem obersten Korruptionskämpfer und Justizminister machte er Sergio Moro, der allerdings nach etwas mehr als einem Jahr von seinem Amt zurücktrat und Bolsonaro beschuldigte, politischen Einfluss auf Ermittlungen nehmen zu wollen.
Vergangenen Herbst sagte Bolsonaro: «Ich möchte Lava Jato nicht beenden. Ich habe Lava Jato beendet. Es gibt keine Korruption mehr in der Regierung.» Ein Monat später wurde sein Sohn Flávio, ein Senator, wegen Veruntreuung und Geldwäsche angeklagt. Im Februar 2021 wurde die Lava-Jato-Taskforce aufgelöst.
*Name bekannt