Brasilien
Brasiliens neuer Präsident Bolsonaro kündigt radikalen Neuanfang an

Brasilia – Mit der Ankündigung eines radikalen politischen Neuanfangs hat Brasiliens neuer Präsident Jair Bolsonaro am Dienstag sein Amt angetreten. Er rief bei seiner Vereidigung im Kongress zum Kampf gegen Korruption, Kriminalität und linke Ideologie auf.
Publiziert: 02.01.2019 um 00:30 Uhr
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Aktualisiert: 01.01.2019 um 23:35 Uhr
Vor seiner Vereidigung fuhr Brasiliens neuer Präsident Jair Bolsonaro gemeinsam mit seiner Ehefrau Michelle in einem offenen Rolls Royce durch die Hauptstadt Brasilia.
Foto: Keystone/EPA/ANTONIO LACERDA

Bolsonaro sagte in seiner Antrittsrede vor den Abgeordneten, er wolle Brasilien aus der "schwersten ethischen und moralischen Krise seiner Geschichte" herausführen.

Der ultrarechte Politiker rief die Parlamentarier auf, ihn dabei zu unterstützen, das Land vom "Joch der Korruption, der Kriminalität, der wirtschaftlichen Verantwortungslosigkeit und der ideologischen Unterwerfung" zu befreien. "Dies ist der Beginn der Befreiung Brasiliens vom Sozialismus, politischer Korrektheit und einem aufgeblähten Staat", sagte der 63-Jährige in einer Ansprache an die Nation.

"Ich werde unermüdlich daran arbeiten, dass Brasilien sein Schicksal erreicht. Ich gelobe, Brasiliens Demokratie zu stärken." Tausende Unterstützer jubelten Bolsonaro zu und riefen "Der Hauptmann ist angekommen".

Die linke Arbeiterpartei von Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva boykottierte die Verteidigungszeremonie, bei der auch Bolsonaros Stellvertreter Hamilton Mourao vereidigt wurde.

Zuvor war Bolsonaro gemeinsam mit seiner Ehefrau Michelle in einem offenen Rolls Royce durch die Hauptstadt Brasilia gefahren. Seine Anhänger skandierten Bolsonaros Wahlkampfslogan: "Brasilien über alles, Gott über allen." Der neue Präsident winkte seinen Fans zu, formte mit Daumen und Zeigefinger eine Pistole und schoss in die Luft.

Bolsonaro übernahm das Präsidentenamt von dem unbeliebten konservativen Staatschef Michel Temer. Zu den ersten Gratulanten zählte am Dienstag US-Präsident Donald Trump. Er lobte via Twitter Bolsonaros "grossartige Antrittsrede" und sagte ihm die Unterstützung der USA zu.

Zu Bolsonaros Amtseinführung waren als ausländische Gäste unter anderen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und Chiles Präsident Sebastián Piñera angereist. US-Präsident Trump liess sich von Aussenminister Mike Pompeo vertreten.

Der ehemalige Fallschirmjäger und langjährige Abgeordnete Bolsonaro hatte im Oktober die Präsidentschaftswahl gewonnen und geniesst auch jetzt noch hohe Zustimmungswerte. Gegner prangern seine rassistischen, frauen- und schwulenfeindlichen Äusserungen an sowie sein unverblümtes Lob für die Militärdiktatur der Jahre 1964 bis 1985.

Auch seine Haltung zur Klimapolitik stösst auf Kritik. Bolsonaro hatte angedeutet, dass er wie die US-Regierung das Pariser Klimaabkommen aufkündigen könnte. Kritiker befürchten, dass der Umweltschutz unter Bolsonaro den Interessen der mächtigen Agrarlobbys geopfert wird - und dass sich die Abholzung des Regenwaldes in Brasilien beschleunigen könnte, um neue Anbau- und Weideflächen für die Landwirtschaft zu schaffen.

Bolsonaros Anhänger sehen in ihm hingegen eine Art Retter des Vaterlandes. Angesichts grassierender Korruption und Kriminalität in Brasilien war es dem Hauptmann der Reserve gelungen, mit dem Image des hart durchgreifenden Saubermanns zu punkten.

In einem Interview am Silvesterabend hatte Bolsonaro verkündet, er wolle die Regierung "säubern" und Schluss machen mit einer Politik, die "Korruption und Ineffizienz nach Brasilien gebracht hat". Er werde den Regierungsapparat stutzen und eine "grösstmögliche Entbürokratisierung" durchsetzen, sagte er dem Sender Record TV.

Bolsonaro will ausserdem die Bestimmungen zum Waffenkauf lockern, um es "guten Bürgern" zu ermöglichen, sich gegen Kriminelle zur Wehr zu setzen. Zudem kündigte er an, die Lehrpläne von Schulen und Universitäten von "marxistischem Müll" zu befreien.

Kritiker befürchten, dass ein einfacherer Zugang zu Waffen die Gewalt nicht eindämmen, sondern verschärfen dürfte. Die Mordrate in Brasilien ist gewaltig: Im vergangenen Jahr wurden über 63'000 Menschen getötet.

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