Demnach gebe es keine rechtliche Grundlage für seine Inhaftierung. Lula könnte das Berufungsverfahren gegen sein Urteil somit in Freiheit abwarten. Damit gab der Richter einem Antrag auf eine einstweilige Verfügung von mehreren Abgeordneten von Lulas linker Arbeiterpartei statt.
Ob Lula aber tatsächlich auf freien Fuss gesetzt wird, war zunächst unklar. So erklärte Sergio Moro, jener Strafrichter am Bundesgericht in Curitiba, der Lula verurteilt hatte, das Gericht in Porto Alegre verfüge nicht über die notwendige Kompetenz, um die Haftstrafe gegen den Ex-Präsidenten auszusetzen.
Wegen Korruption verbüsst Lula eine zwölfjährige Freiheitsstrafe. Er soll von einem Bauunternehmen die Renovierung eines Luxus-Appartements angenommen haben. Lula weist die Vorwürfe zurück. Er sieht sich als Opfer einer Verschwörung rechter Politiker, der Justiz und der Medien und bezeichnet sich selbst als politischen Gefangenen.
Das juristische Gezerre hat entscheidenden Einfluss auf die politische Zukunft der grössten Volkswirtschaft Lateinamerikas. Lula will bei der Wahl im Oktober erneut für das höchste Staatsamt kandidieren.
In den Umfragen liegt er deutlich vorn. Auf dem zweiten Platz folgt der ultrarechte Ex-Militär Jair Bolsonaro. Der «Trump Brasiliens» verherrlicht die Militärdiktatur von 1964 bis 1985 und hetzt gegen Homosexuelle.