«Eine nie gesehene Krise ist möglich»
Kroaten erleiden Wahlschlappe in Bosnien-Herzegowina

Bei den Wahlen zur dreiköpfigen Staatsspitze in Bosnien-Herzegowina haben die Kroaten aus der Herzegowina eine schwere Niederlage erlitten. Das räumte ihr Führer Dragan Covic am Sonntagabend ein.
Publiziert: 08.10.2018 um 00:05 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 14:35 Uhr
Der kroatischstämmige Präsidentschaftskandidat, Dragan Covic, räumt in der Nacht auf Montag eine schwere Wahlniederlage in der Bosnien-Wahl ein. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/AP/AMEL EMRIC

In Bosnien-Herzegowina wurde die dreiköpfige Staatsspitze gewählt. Statt des jahrelangen Führers der Kroaten in der Herzegowina Dragan Covic werde der Kroate Zeljko Komsic ins höchste Amt des kleinen Balkanstaates einziehen.
Dies teilte die staatliche Wahlkommission am Montagmorgen in Sarajevo mit. Der Unterlegene kündigte an, jetzt sei «eine nie gesehene Krise» möglich. Schon im Wahlkampf hatte der Nationalist Covic angekündigt, im Falle einer Niederlage wolle seine Nation die politischen Gremien im ganzen Land lahmlegen.

In Bosnien-Herzegowina machen die muslimischen Bosniaken rund die Hälfte der Bevölkerung aus. Die orthodoxen Serben stellen ein Drittel, die katholischen Kroaten als kleinstes Volk rund 15 Prozent. Im Staatspräsidium muss jeweils ein Vertreter aller drei Nationen vertreten sein.

Zwar hätten fast alle Landsleute für ihn gestimmt, begründete Covic seine Position. Doch hätten die Bosniaken den aus Sarajevo stammenden Kroaten Komsic durchgesetzt, der als moderat gilt. «Ihr könnt für die Kroaten nicht ihren Präsidenten wählen», sagte Covic mit Blick auf die Bosniaken.

Sozialdemokrat steht für bürgerlichen Staat ein

Für die Muslime wird Sefik Dzaferovic ins Präsidium einziehen, berichtete die Wahlkommission weiter. Er gehört der grössten muslimischen Partei SDA an. Die Serben sind danach in Zukunft mit ihrem langjährigen Führer Milorad Dodik vertreten. Während diese beiden Spitzenpolitiker für die Rechte ihres jeweiligen Volkes kämpfen, tritt der Sozialdemokrat Komsic für einen bürgerlichen Staat ein. Der Serbe Dodik, der jetzt in das Staatspräsidium gewählt wurde, steht schon seit 2006 an der Spitze der Teilrepublik Srpska. Er hat Bosnien-Herzegowina in der Vergangenheit als «gescheiterten Staat» bezeichnet und will ein Referendum über eine Abspaltung der Teilrepublik Srpska abhalten.

Für ihn steht der Einzelne im Mittelpunkt und nicht die Nation. Folgerichtig sagte er am Wahlabend: «Ich werde allen Bürgern dienen, auch wenn sie mich nicht gewählt haben».

Obwohl nur etwas mehr als die Hälfte der 3,4 Millionen Wähler an der Abstimmung teilgenommen hatte, dauerte es mehr als fünf Stunden nach Schliessung der Wahllokale, bis die Wahlkommission erste Ergebnisse mitteilte. Resultate für das ebenfalls gewählte Bundesparlament, die Parlamente der beiden fast selbstständigen Landesteile und ihre Präsidenten sollen erst im Laufe des Montags folgen, kündigte die Kommission an.

Armut und hohe Arbeitslosigkeit herrschen im Land

Das südosteuropäische Land leidet neben dem komplizierten und schlecht funktionierenden politischen System auch unter Armut und hoher Arbeitslosigkeit. Bosnien zählt zudem zu den korruptesten Ländern auf dem Balkan.

Der Balkanstaat hat ein höchst komplexes politisches System. Es wurde im Friedensvertrag von Dayton festgelegt, der den Bosnien-Krieg (1992 bis 1995) beendete. Bosnien-Herzegowina setzt sich zusammen aus der serbischen Teilrepublik Srpska und der muslimisch-kroatischen Föderation Bosnien und Herzegowina.

Der schwache Bundesstaat Bosnien-Herzegowina wird vom dreiköpfigen Staatspräsidium vertreten, das unter anderem für die Aussen- und Verteidigungspolitik zuständig ist. Die weitaus grösseren Befugnisse - etwa Wirtschaftspolitik, innere Sicherheit und Bildung - liegen bei den weitgehend autonomen Teilentitäten. (SDA)

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