Ein mit Sprengstoff präpariertes Auto ist gestern vor einem Hotel in der libyschen Hauptstadt Tripolis explodiert. Wie aus Sicherheitskreisen verlautete, brachten vier bewaffnete Männer das Fahrzeug zur Explosion und stürmten dann das Hotel «Corinthia».
Sicherheitskräfte umstellten das Hotel, und Schüsse waren zu hören, wie ein AFP-Fotograf berichtete. Mindestens neun Personen sollen ums Leben gekommen sein.
Fünf tote Ausländer – zwei davon Frauen
Unter den Toten befinden sich fünf Ausländer. Es handelt sich um einen US-Bürger, einen Franzose, einen Südkoreaner sowie um zwei philippinische Frauen. Weiter wurden zwei libysche Wachmänner getötet und fünf Personen verletzt.
Die Attentäter sind den örtlichen Sicherheitskräften zufolge bis in das 24. Stockwerk des Hotels vorgedrungen, die für diplomatische Vertretung Katars reserviert ist. Dort wurden sie umzingelt, bevor sie sich schliesslich selbst in die Luft sprengten. Das Gros der Gäste des Hotels konnte durch den Hinterausgang fliehen.
IS bekannte sich zum Anschlag
Das auf die Beobachtung islamistischer Websites spezialisierte US-Unternehmen Site teilte mit, Kämpfer der Dschihadisten-Organisation Islamischer Staat (IS) in Libyen hätten sich im Internet zu dem Anschlag auf das Luxushotel bekannt.
Der IS-Arm in Tripolis habe in einer Botschaft im Kurznachrichtendienst Twitter erklärt, dass seine Mitglieder das Hotel erstürmt hätten. Dieses sei dafür bekannt, dass es von Diplomaten und führenden libyschen Politikern besucht werde.
Auf Twitter kursieren Bilder einer Überwachungskamera, die einen der Attentäter zeigen soll.
Von Rebellen kontrolliert
Das Hotel «Corinthia» liegt an einer stark befahrenen Strasse nahe einer Bushaltestelle und einem Markt. Früher waren dort diplomatische Vertretungen untergebracht.
Tripolis steht derzeit unter der Kontrolle eines Bündnisses islamistischer und anderer Milizen. Sie haben in der Hauptstadt eine Parallelregierung sowie ein -parlament errichtet, die international anerkannte Regierung floh nach Tobruk im Osten des Landes.
Der Vorsteher der nicht anerkannten Regierung, Omar al-Hassi, befand sich zum Zeitpunkt des Angriffes offenbar im Hotel. Er habe aber in Sicherheit gebracht werden können.
Gespaltenes Libyen
Nicht nur auf politischer Ebene ist Libyen momentan tief gespalten. Es tobt ein blutiger Bürgerkrieg zwischen den Sicherheitskräften und Kämpfern unterschiedlichster, oftmals sehr kleiner Rebellenorganisationen, unter ihnen radikale Islamisten, aber auch gemässigtere Kräfte.
Vergangene Woche fanden in Genf unter der Leitung der Vereinten Nationen erneut Gespräche zwischen den Konfliktparteien statt. Diese wurden allerdings noch in derselben Woche sistiert, nachdem die Vertreter des Parlaments von Tripolis die Regierung in Tobruk beschuldigten, die zuvor vereinbarte Waffenruhe gebrochen zu haben.
Diese Woche wurden die Gespräche, die eine Einheitsregierung zum Ziel haben, schliesslich wieder aufgenommen. Da auf Seiten der Rebellen allerdings keine homogen agierende Partei als Vertretung zugegen ist, gestaltet sich die Kompromissfindung äusserst schwierig. (SDA/kab/lha)