Scharm el Scheich – der Name steht für exklusive Badeferien, farbenfrohe Tauch-Abenteuer und Wüstenromantik am Roten Meer. Doch in der Nacht auf heute erschütterte eine blutige Anschlagsserie die Touristenidylle.
Die erste Bombe detonierte etwa um 1 Uhr Ortszeit in einem Minibus auf dem so genannten Alten Markt, einem belebten Einkaufszentrum für Touristen. Dabei verbrannten mindestens 17 Menschen bis zur Unkenntlichkeit – alles Ägypter.
Ein zweiter Sprengsatz detonierte vier Kilometer entfernt im Touristenzentrum Naama Bay. Dort befinden sich zahlreiche Hotels, darunter auch das «Ghazala Garden», wo auch Schweizer Touristen nächtigten. Ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug durchbrach die Absperrung des Hotels, raste in die Lobby und explodierte dort.
Die Wucht der Detonation liess die Empfangshalle des «Ghazala Gardens» einstürzen. Immer noch suchen und finden Einsatzkräfte Opfer in den Trümmern.
Eine dritte Autobombe explodierte kurz darauf ebenfalls in Naama Bay auf einem Parkplatz. Entgegen ersten Meldungen war das Schweizer Mövenpick-Hotel «Jolie Ville» jedoch nicht betroffen.
«Es sah so aus, als ob viele Leichen auf der Strasse verstreut liegen», sagte der britische Polizist Chris Reynolds, der in Scharm el Scheich Urlaub macht. Ein weiterer Polizist aus London, Charlie Ives, berichtet von einer «Massenhysterie». «Wir haben versucht, die Leute zu beruhigen.»
Die entsetzliche Bilanz des Bombenterrors: 88 Tote. Unter den Opfern sollen sieben Ausländer sein. Ein getöteter Italiener und ein Tscheche wurden identifiziert. Unbestätigten Angaben zufolge sollen auch zwei Deutsche den Anschlag nicht überlebt haben. 34 Leichen sind noch nicht identifiziert.
Mindestens 150 Menschen wurden verletzt. 23 Verletzten sind im kritischen Zustand. Insgesamt 35 Verletzte werden in einem Kairoer Spital behandelt.
Offenbar wurden keine Schweizer in Mitleidenschaft gezogen. Im Ort befinden sich derzeit rund 1000 Touristen aus der Schweiz. Die Reiseveranstalter richteten eine Hotline ein. Ein Care-Team der Elvia traf in Ägypten ein.
Mit 226 Reisenden sind rund ein Viertel der Schweizer Touristen in Scharm el Scheich Kunden der Hotelplan Gruppe. Diese steht mit ihren Gästen in den betroffenen Hotels «Ghazala Gardens» und «Iberot Palace» in Kontakt.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) steht in Kontakt mit der Schweizer Botschaft in Kairo, so Sprecher Ivo Sieber.
Seit dem Morgen sind in dem Touristenort viele Menschen mit Gepäck zu sehen, die die vorzeitige Heimreise antreten. Andere halten sich in den Hotellobbys auf und warten auf neue Informationen ihrer Reiseleiter.
«Ich fühle mich nicht mehr sicher hier», sagt Mohammed Al Rashadi aus Saudi-Arabien. «Ich bin aus meiner Heimat Terror gewohnt, aber so nah hat es mich noch nie erwischt, wir versuchen alles, um einen früheren Rückflug zu bekommen.»
Wie üblich, verbreiteten mutmassliche Urheber nach den Anschlägen eine Botschaft. Auf einer Internetseite erklärten die «Brigaden des Märtyrers Abdallah Azzam der El-Kaida-Organisation in Gross-Syrien und Ägypten», die Attentate seien ein Schlag gegen «Kreuzfahrer, Zionisten und das abtrünnige ägyptische Regime». Der ägyptische Präsident Husni Mubarak traf im Laufe des Vormittags am Anschlagsort ein.