Die Geburt zweier genmanipulierter Babys in China sorgt weltweit für Entsetzen, denn menschliche Embryos sind für derartige Experimente tabu. Auch den chinesischen Behörden geht die Arbeit des Wissenschaftlers He Jiankui (34) zu weit: Das Wissenschaftsministerium fordert eine Untersuchung und den sofortigen Stopp der Experimente.
Dass He Jiankui diesen Eingriff in die Natur vollziehen konnte, hat er internationalen Investoren zu verdanken, die in der Genmanipulation das grosse Geschäft wittern. Jiankui soll für seine beiden Biotech-Start-ups mindestens 40 Millionen Dollar erhalten haben. Das schreibt die «South China Morning Post».
Persönliche Forschung spielt keine Rolle
Den grössten Brocken erhielt Jiankuis Firma Direct Genomics Biotechnology von der Risikokapitalfirma Cosun Venture Capital Investment in Shenzhen. Auch Jiankuis Unternehmen Shenzhen Vienomics Biotech wurde mit Investorengeldern genährt.
Den Investoren scheint He Jiankuis Arbeit offenbar egal zu sein – Hauptsache, sie bringt Geld. Die ASB Ventures China lässt in der «South China Morning Post» zwar verlauten, dass sich ihre Investitionen für medizinische Innovationsprogramme an die Bioethik halten würden. Die Investoren halten gleichzeitig aber auch fest: «He Jiankuis persönliche Forschung spielt für das Geschäft mit Shenzhen Vienomics Biotech keine Rolle.»
Geld wohl missbraucht
Für Adrian Rüegsegger (54), Projektleiter bei der Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung (TA-Swiss) in Bern, ist die Verwendung von Forschungsgeldern für Projekte, wie sie He Jiankui durchführt, ein No-Go. «Genetische Eingriffe an Embryonen sind ethisch höchst fragwürdig und daher in vielen Ländern verboten», sagt er zu BLICK.
Dass Investoren ihr Geld gezielt für die Genforschung an Embryonen einsetzen, sei wenig plausibel. «Weil der Nutzen nicht erwiesen ist und die Risiken sehr gross sind, lohnen sich solche Investitionen gar nicht», sagt Rüegsegger. Er geht daher davon aus, dass die Investoren ihr Geld eigentlich mit guten Absichten für andere Anwendungen der Genforschung lockergemacht haben und der Wissenschaftler die Mittel für seine äusserst fragwürdigen Experimente missbraucht hat.
Bekommen die Investoren kalte Füsse?
Rüegsegger könnte sich vorstellen, dass Jiankui mit seiner Arbeit für Aufmerksamkeit sorgen und neue Investoren anziehen will. Das Experiment könnte aber auch eine gegenteilige Wirkung haben. Rüegsegger: «Herr Jiankui muss damit rechnen, dass der Schuss nach hinten losgeht. Es könnte sein, dass seine Investoren wegen der grossen Entrüstung abspringen.»
Der chinesische Wissenschaftler He Jiankui hatte nach eigenen Angaben das Erbgut von durch künstliche Befruchtung gezeugten Zwillingsschwestern verändert. In einem am Montag auf Youtube veröffentlichten Video erklärte der Wissenschaftler aus Shenzhen, dass er bei einem vor einigen Wochen geborenen Zwillingspaar die DNA so verändert habe, dass die beiden Mädchen vor einer HIV-Infektion geschützt seien.