Grindadrap – die blutige Jagd nach kostenloser Nahrung
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Färöer: Hunderte Wale getötet:Grindadrap – die blutige Jagd nach kostenloser Nahrung

Blutige Tradition auf den Färöer-Inseln
Hier werden Hunderte Wale und Delfine abgeschlachtet

Auf den Färöer-Inseln wurden letzte Woche Hunderte Wale und Delfine getötet. Das hat dort seit langer Zeit Tradition.
Publiziert: 21.07.2020 um 10:42 Uhr
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Aktualisiert: 21.07.2020 um 12:29 Uhr
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Vergangene Woche fand der erste Grindadrap des Jahres auf den Färöern statt (Archivbild).
Foto: Getty Images

In Spanien werden Stiere gejagt. In Kirgistan kopflose Ziegen in Tore geschossen. Traditionen, bei denen nicht nur Tierschützer den Kopf schütteln, gibt es überall auf der Welt. Eine besonders brutaler Brauch hat nun auf den Färöer-Inseln im Nordatlantik stattgefunden.

252 Grindwale und 35 Weissstreifendelfine wurden im Meer umzingelt, in eine Bucht getrieben und dort getötet, wie die Tierschutzorganisation Sea Shepherd Global berichtet. Das Meer färbte sich rot. Das Massaker ist Teil der färöischen Kultur.

Die Einheimischen nennen sie Grindadrap, zusammengesetzt aus den einheimischen Wörtern Grind für Grindwalschule und drap für Schlachten.

Einkreisen, jagen, schlachten

Wenn ein Fischer auf dem Meer eine Grindwalschule sieht und die Bedingungen für die Jagd günstig sind, werden die Einwohner informiert. Früher geschah dies über den nationalen Rundfunk, heute über Mobiltelefone. Die Menschen fahren mit ihren Booten anschliessend raus, bilden einen Halbkreis um die Tiere und treiben sie mit einem langen Tau, an dem Steine befestigt sind, vor sich her. Wer auf offener See dem Seil entkommen kann, darf nicht erneut eingefangen werden.

Einmal in der Bucht, gibt es aber kein Entkommen mehr. Tiere, die nicht genug nahe an den Strand getrieben werden, bekommen einen speziellen, stumpfen Haken in ihr Blasloch gesteckt und werden Richtung Land gezogen. Anschliessend beginnt die Massenschlachtung. Mit einer eigens dafür angefertigten Waffe durchtrennen die Färoer mit einem Schnitt in den Nacken die Halsschlagader und das Rückenmark der Tiere. Innerhalb weniger Sekunden sollen die Wale sterben. Das behaupten zumindest die Färöer. Tierschützer bezweifeln dies.

Das Meer färbt sich blutrot

Bei diesem ungleichen Kampf zwischen Mann und Tier verfärbt sich das Wasser in der Bucht blutrot. Sind die Tiere tot, werden sie an den Strand gezogen und unter der Bevölkerung verteilt. Die Tiere dienen den Färöern als Nahrung. Den grössten Anteil erhalten die Einwohner derjenigen Gemeinde, in deren Fjord die Tiere geschwommen sind. Anschliessend sind die anderen Gemeinden derselben Insel an der Reihe, danach das restliche Land.

Das Grindadrap besteht seit Jahrhunderten, die ersten Aufzeichnungen davon stammen aus dem Jahr 1584. Damals wurden vier Tiere getötet, heute sind es laut Behördenangaben ungefähr 800 jährlich. Das Ritual unterliegt strengen Auflagen, nur dafür ausgerüstete Boote, Waffen und anderes dürfen benutzt werden.

Pro und Contra

Tierschützer kritisieren der Massentötung, die pro Jahr mehrmals wiederholt wird. Es gäbe genügend Ressourcen und die Jagd hätte sich mit den Jahrhunderten viel zu stark zu Gunsten der Menschen geändert. Waren diese früher mit Ruderbooten unterwegs, haben die Fische gegen die heutigen Motorboote kaum mehr Chancen, um zu entkommen.

Die Bevölkerung auf der zu Dänemark gehörenden Inselgruppe argumentiert, dass sie die Wale und Delfine nicht jagen, sondern diese zu ihnen schwimmen würden. Ohnehin würde der Grindadrap nicht kommerziellen Zwecken dienen, sondern dem eigenen Gebrauch. Zudem sei der Walbestand nicht gefährdet. Man würde pro Jahr ungefähr 800 Tiere töten. Der offizielle Bestand an Grindwalen im Nordatlantik liege bei knapp 800'000, davon leben rund 100'000 in der Nähe der Färöer. (vof)

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