Am Sonntag wird der deutsche Bundestag erzittern. Nur vier Jahre nach der Gründung wird die rechtsgerichtete Alternative für Deutschland (AfD) Einzug halten. Und zwar mit einem deutlichen Resultat: Gemäss Umfragen mausern sich die EU- und Islamkritiker mit zehn Prozent der Stimmen auf Anhieb zur drittstärksten Kraft im Parlament. Da keine Partei mit der AfD zusammenarbeiten will, dürfte sich der Ton im Bundestag aufgrund der Erfahrungen in den Landesparlamenten verschärfen.
Die AfD setzt in ihrem Wahlprogramm auf den Vorrang der deutschen Interessen und auf eine begrenzte Zuwanderung. Auch unser Land dient explizit als Vorbild: So möchte die AfD in Deutschland nach Schweizer Art die direkte Demokratie und in der Armee das Milizsystem einführen.
Merkel förderte Chaos
Die Kritik an der AfD wächst, weil sich Parteiexponenten immer wieder im Ton vergreifen. Spitzenkandidat Alexander Gauland (76) forderte etwa, dass die türkischstämmige SPD-Staatsministerin Aydan Özoguz (50) in Anatolien «entsorgt» werden müsse. Angela Merkels (63) Wahlkampfauftritte werden vor allem im Osten Deutschlands durch grölende und Tomaten werfende AfD-Anhänger gestört. Ihre Parolen: «Merkel muss weg!»
Doch es ist ausgerechnet die Kanzlerin selber, die Mitverantwortung am kometenhaften Aufstieg der polternden Frust-Partei trägt. Sie muss das Flüchtlingschaos, das 2015 mit der unüberlegten Öffnung der Grenzen und mit der Willkommenskultur entstanden ist, auf ihre Kappe nehmen. Millionen von Menschen machten sich auf, um nach Europa und vor allem nach Deutschland zu gelangen. Der grösste Teil dieser Migranten ist nicht an Leib und Leben bedroht, viele halten sich nicht an die deutschen Gesetze.
Kritiker mundtot gemacht
Das anfängliche faktische Verbot, über diese Zuwanderungsprobleme zu diskutieren, geschweige denn, sie kritisch zu hinterfragen, schürte den Frust der stummgeschalteten Deutschen immer mehr. Bei den Wahlen etwa in Baden-Württemberg 2016 verlor Merkels linksdriftende CDU 188’000 Wähler an die AfD. Aber auch die SPD verlor mit 88’000 Wählern einen grossen Teil der Kundschaft an die Rechtspopulisten. Es gelang der AfD zudem, viele bisherige Nichtwähler an die Urnen zu bewegen.
Das deutsche Magazin «Der Spiegel» nennt Merkel in einer Kolumne sogar die Hauptursache für die AfD: «Merkel ist die Mutter des Monsters. Sie verantwortet die wichtigste – und verheerendste – politische und gesellschaftliche Entwicklung der vergangenen 25 Jahre.»
Viele verlassen die AfD wieder
Die AfD wäre noch stärker geworden, wenn die Partei nicht so stark nach rechts abgedriftet und es nicht zu internen Querelen gekommen wäre. Viele Wähler haben den bunten Haufen frustrierter Bürger wieder verlassen. Jüngstes Beispiel ist die 27-jährige Franziska Schreiber, ehemals stellvertretende AfD-Landesvorsitzende in Sachsen. Ihre Begründung: «Die AfD ist eine ganz andere Partei geworden. Am Anfang konnte man noch gute Gespräche führen – mittlerweile geht es nur noch darum, gegen Einwanderer zu hetzen.»
Inzwischen ist Franziska Schreiber der FDP beigetreten. Ihr Fazit zur veränderten AfD: «Die Partei ist unwiederbringlich verloren.»