Dienstagfrüh, kurz nach acht. Eingezwängt zwischen Strassencafé und Bürogebäude steht ein gelber Geldautomat an der Papadjamantopoulou, einer Nebenstrasse in der griechischen Hauptstadt Athen. Drei ältere Männer versuchen, beim Automaten der Piraeus Bank Euros abzuheben. Vergeblich. Der Automat akzeptiert derzeit keine griechischen Bankkarten. Und Schweizer? Die Maschine schluckt sie, verlangt nach dem PIN-Code, lässt einen Betrag auswählen – 100 Euros – und antwortet in Grossbuchstaben: «Keine Geldausgabe möglich. Wir bitten um Entschuldigung. Wünschen Sie eine weitere Transaktion?» Es bleibt beim Wunsch. Ein zweiter Versuch schlägt ebenfalls fehl.
Seit gestern Montag sind in Griechenland die Banken geschlossen, Bargeld gibt es nur noch am Automaten. Für Griechen besteht eine tägliche Obergrenze von 60 Euros. Leer waren viele Automaten schon am Montagabend.
Vor dem Automaten bildet sich eine Gruppe. Niemand lacht, die Augen der Athener wirken verbissen. Nichts von griechischer Fröhlichkeit. «Es ist ein täglicher Kampf ums Überleben», sagt Melpo Theodoropoulou, eine 50-jährige Werberin. «Unser Land geht gerade unter, und in Europa scheint das keinen wirklich zu kümmern.»
Just dann hält ein weisser Mercedes-Kastenwagen, die Fenster vergittert. Ein buckliger Mann steigt aus, trägt eine schusssichere Weste, in der Hand hält er eine rote Blechschachtel. Es ist frisches Geld. Vier solcher Schachteln bringt er in 30 Minuten in den Automaten. Der Wachmann Petros Theodosopoulos (43) beobachtet ihn, eine Hand am Funkgerät. Er spricht perfekt Deutsch, wuchs bis 18 in Düsseldorf auf. «Wir gehören zu Europa, wir wollen den Euro behalten», sagt der Wachmann. Er lebt mit weniger als 1000 Euro im Monat mit Frau und Kind. Und weiss: «Wir stehen vor dem Staatsbankrott.» Warum ist es so weit gekommen? «Ich weiss es nicht, das ist sehr kompliziert.» Am Sonntag will er Ja stimmen zu neuen Sparmassnahmen. «Ich will keinen Grexit.»
Nach einer halben Stunde ist der Geldautomat wieder offen. Die ersten beiden Kunden versuchen vergeblich, Geld zu ziehen – und verwerfen die Hände. Eine Frau mit gelber Piraeus-Karte schafft es. Sie strahlt, zeigt ihre 50 Euros.
Und der Ausländer aus der Schweiz? Der hat keine Mühe, 100 Euros zu ziehen.
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