Die britische Premierministerin Theresa May (62) will zurücktreten, wenn das Unterhaus im dritten Anlauf ihren mit Brüssel ausgehandelten Brexit-Vertrag verabschieden würde. Am Donnerstag hat May angekündigt, dass sie den zweimal abgeschmetterten Deal am Freitag noch einmal vorlegen wolle. Falls das Unterhaus nun Ja stimmt, würde May vermutlich ihr Amt abgeben.
Wer könnte ihr Nachfolger als Premierminister und Parteichef der Tories werden? BLICK nennt zehn mögliche Kandidaten und bewertet auf einer Skala von 10 Punkten deren Wahlchancen sowie die Fähigkeit, den Brexit erfolgreich zu Ende zu bringen.
Der Beliebte
David Lidington (62), Tory
Mays Stellvertreter wird von allen Seiten geschätzt, Feinde hat er kaum. Weil er die Fäden im Hintergrund zieht, wird er «der graue Mann» genannt. Als ehemaliger britischer Europaminister plädierte er 2016 für den Verbleib in der EU und betonte die Wichtigkeit des Binnenmarkts. Nach der Abstimmung setzte er sich dafür ein, den Volkswillen umzusetzen und einen geregelten Brexit mit anschliessender Anbindung an die EU anzustreben.
(Wahlchance 8/ Fähigkeit 8)
Der Populist
Boris Johnson (54), Tory
Der europäische Trump würde als Premierminister für einigen Wirbel sorgen. Am liebsten würde er das Königreich schon heute im harten Fall aus der EU führen, statt noch lange zu lamentieren. Der ehemalige Aussenminister und Bürgermeister von London, der am liebsten auf dem Velo in seiner Stadt herumkurvt, ist bei den Briten äusserst beliebt – weniger allerdings bei vielen Parteikollegen, die ihn für illoyal und populistisch halten.
(3/5)
Der Harte
Michael Gove (51), Tory
Der gut vernetzte Umweltminister verfolgt einen schnellen Ausstieg aus der EU und würde möglicherweise auch einen harten Brexit riskieren. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und geht über Leichen. 2016 fiel er Boris Johnson in den Rücken, als er diesen zuerst bei der Kandidatur für das Amt des Premierministers unterstützte, dann aber selber kandidierte. Seit seiner kritischen Rede gegen Labour-Chef Corbyn im Januar gilt er als möglicher Übergangs-Premier.
(6/5)
Der Wechselhafte
Jeremy Hunt (52), Tory
Als Aussenminister ist Hunt in Grossbritannien sehr beliebt, gilt aber als Mann, der schnell seine Meinung ändert und auf den man sich daher nicht immer verlassen kann. Vor dem Referendum stand der frühere Gesundheitsminister hinter der EU, nach der Abstimmung sprach er von der «Arroganz der Europäischen Kommission».
(5/4)
Der Einwanderer
Sajid Javid (49), Tory
Der Sohn pakistanischer Einwanderer wäre der erste Premierminister mit muslimischem Hintergrund. Als amtierender Innenminister sorgte er wegen seines harten Umgangs mit Migranten für Kontroversen. Als Ende Dezember rund 250 Flüchtlinge über den Kanal übersetzten, nannte er sie «gar keine richtige Asylbewerber». Auch entzog er einer IS-Anhängerin die Staatsbürgerschaft. Dieser Stil zieht bei den konservativen Briten.
(6/7)
Der Schnelle
Dominic Raab (45), Tory
Der Boxer hat nie ausgeschlossen, sich um Mays Job zu bemühen. Raab amtete wenige Monate als Brexit-Minister, trat zurück, weil er Mays Austrittsvertrag als «schlecht für unsere Wirtschaft und unsere Demokratie» erachtet. Er prangert die «Starrköpfigkeit» der EU an und meint, dass sie beim Brexit-Deal Zugeständnisse machen müsste. Ihm werden eine schnelle Auffassungsgabe und Ernsthaftigkeit nachgesagt.
(3/7)
Der Polterer
Jeremy Corbyn (69), Labour
Der Oppositionsführer hofft auf Neuwahlen und das Erbe von May. Doch der Linke verfehlt immer wieder den richtigen Ton, äussert sich zudem teilweise antisemitisch. Seine Partei liegt laut Umfragen zurzeit mit 31 Prozent hinter den Konservativen, die auf einen Stimmenanteil von 35 kommen würden. Als Oppositionsführer ist er gut, als Regierungschef, der auf alle Rücksicht nehmen muss, fehl am Platz.
(2/2)
Die Brückenbauerin
Nicky Morgan (46), Tory
Sie ist auf Kompromiss aus und gilt als Brückenbauerin. Sie versuchte zwischen den Proeuropäern und den Brexit-Hardlinern zu vermitteln und den Austritt bis 22. Mai hinaus zu schieben. Ihre Parteikollegen attestieren ihr, Verhandlungen zielorientiert und mit Rücksicht auf alle Meinungen führen zu können.
(6/9)
Die Unterlegene
Andrea Leadsom (55), Tory
Sie war 2016 nahe dran, Mays Vorgänger David Cameron als Premierministerin zu beerben. Wohl wegen Kritik an der «kinderlosen» Konkurrentin verlor sie aber die Wahl gegen Theresa May. Nachdem sie kurz Umweltministerin war, amtet sie zurzeit als Fraktionschef im Unterhaus. Weil sie den gleichen Brexit-Kurs wie May führt, würde sich unter ihr wohl nichts ändern.
(2/4)
Die Aussenseiterin
Amber Rudd (55), Tory
Die ehemalige Finanzjournalistin gilt als verlässliche Unterstützerin Mays. Als May Premier wurde, übernahm Rudd deren Amt als Innenministerin, später wurde sie Arbeitsministerin. Ihr könnte zum Verhängnis werden, dass sie für einen Verbleib in der EU geworben hatte.
(2/4)
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seit diesem Zeitpunkt fand zwischen der EU und Grossbritannien aber auch innerhalb des Vereinigten Königreichs ein langwieriger politischer Prozess der Kompromissfindung statt. Mehrere Abgeordnete und sogar Premierminister traten aufgrund der Vertragsverhandlungen zurück. Am 31. Januar 2020 trat Grossbritannien schliesslich aus der EU aus.
BLICK zeigt die wichtigsten Stationen des chaotischen Prozesses seit dem Austrittsvotum der Briten auf.
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seit diesem Zeitpunkt fand zwischen der EU und Grossbritannien aber auch innerhalb des Vereinigten Königreichs ein langwieriger politischer Prozess der Kompromissfindung statt. Mehrere Abgeordnete und sogar Premierminister traten aufgrund der Vertragsverhandlungen zurück. Am 31. Januar 2020 trat Grossbritannien schliesslich aus der EU aus.
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