«Repräsentantenhaus wird an die Republikaner gehen»
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Auslandreporter aus den USA:«Repräsentantenhaus wird an die Republikaner gehen»

Blick bei der Wahlkampfveranstaltung des Ex-Präsidenten
Trump will Kandidatur «sehr, sehr, sehr bald» verkünden

Der 76-jährige Ex-Präsident verspricht seinen Anhängern bei einer Rally für die Midterms im umkämpften Swing State Pennsylvania, dass er in Kürze mit grossen News aufwarten werde. Viele seiner Fans hängen derweil weiter gefährlichen Verschwörungstheorien an.
Publiziert: 06.11.2022 um 19:14 Uhr
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Aktualisiert: 06.11.2022 um 21:24 Uhr
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Ex-Präsident Donald Trump (76) lud im umkämpften Midterms-Staat Pennsylvania zu einer Wahlkampf-Rally.
Foto: keystone-sda.ch
Samuel Schumacher, Latrobe (Pennsylvania)

Da kommt er endlich, der «MAGA-King», der selbst ernannte König der «grossartigsten Bewegung der amerikanischen Geschichte», der Chef-Anpeitscher der «Make America Great Again»-Revolution. Nicht, dass er den Slogan selbst erfunden hätte: Er hat ihn von Ronald Reagan geborgt. Und seine «grossartige Bewegung» hat bei den US-Wahlen im November 2020 eine deutliche Niederlage erlitten. Aber um solche Details geht es Donald Trump (76) bei seinen Rallys, mit denen er derzeit durchs Land zieht, gar nicht. Es geht um die Show. Und um die grosse Frage, ob er 2024 seinen Hut noch einmal in den Ring wirft.

Seine schwarz-weisse Boeing 757 mit dem goldenen Schriftzug landet auf dem Rollfeld des Arnold-Palmer-Flughafens in Latrobe, Pennsylvania, zielgenau vor den rund 10'000 Fans, die stundenlang Schlange standen und sich vom Secret Service filzen liessen, um ihm, «The Don», dem Ex-Präsidenten und noch immer beliebtesten Republikaner im Land, zu lauschen.

«Jesus ist mein Retter, Trump mein Präsident»

Viele haben sich eingedeckt: mit 20-Dollar-T-Shirts, auf denen steht: «Jesus ist mein Retter, Trump mein Präsident». Oder mit blau-rot-weissen «Fuck Joe Biden»-Fahnen und «Die Wahlen wurden gestohlen»-Pins. Es sind die Insignien einer bislang mehrheitlich friedlichen, aber gefährlichen Bewegung. Die «MAGA»-Menge ist zwar eine Minderheit in Amerika. Die Gefahr aber besteht darin, dass sie genau das nicht wahrhaben will.

Die Menge jubelt, Phil Collins’ «In the Air Tonight» schallt über das Rollfeld. Von den Frittenbuden am Rand der improvisierten Polit-Manege weht öliger Geruch herüber. Vorne steigen viele schöne Menschen aus dem Trump-Flieger die Treppe herunter. Dann kommt der Ex-Präsident. Er winkt. Er lächelt. Der 76-Jährige wirkt fit. Er ist gut gelaunt und die nächsten zwei Stunden kaum zu stoppen.

Die Trump-Show funktioniert nach einem einfachen Rezept: Der Ex-Präsident schmettert ein Thema in die Menge, irgendeine Behauptung. Zum Beispiel: «Habt ihr Obamas Rally gesehen? Er hatte heute nur 200 Leute. Wir haben Zehntausende!» Dann wartet er die Reaktion ab. Verfängt sie, dann reitet er auf dem Thema rum, bis das Gejohle wieder abklingt. Gut funktionieren die alten Trump-Evergreens: die Medien («die Feinde des Volkes»), Nancy Pelosi («einst Sozialistin, jetzt Kommunistin»), Preise für Speck und Truthahn («wäre ich Präsident, müsstet ihr dafür nicht doppelt so viel bezahlen») und die Drogen-Epidemie in den USA («ich führe die Todesstrafe für Dealer ein»).

Trump: live eher enttäuschend

Weniger gut laufen China, die Ukraine oder die von Trump ins Leben gerufene Space Force. Der Jubel bleibt aus. Trump wechselt schnell. Für den Sprung von Xi Jinping (69) zurück zu den Speckpreisen braucht er keine zehn Sekunden. Er improvisiert, hüpft heiter hin und her zwischen den Themen. Ein eigentlicher Spannungsbogen, eine klare These, ist nicht ersichtlich. Wäre das hier ein Schulvortrag, dann würde Trump mit Glück ein knappes «genügend» davontragen.

Doch das ist kein Schulvortrag, das ist eine «MAGA»-Rally. Die Trump-Fans schiessen Fotos, schlürfen Softdrinks (Alkohol gibt es keinen), hören mal zu, tratschen mal mit den Leuten rund um sie herum. Trump vorne auf der Bühne macht zwei Stunden lang keine einzige Pause, trinkt keinen einzigen Schluck Wasser, verspricht sich kein einziges Mal. Das ist beeindruckend. Und über weite Strecken ziemlich öde. Die Trump-Show ist als Zwei-Minuten-Trailer deutlich packender denn als zweistündiger Live-Event.

«Ich werde es sehr, sehr, sehr bald sagen»

Um 20.31 Uhr dann endlich das Finale, die grosse Frage: Tritt Trump noch einmal an? Kommt es 2024 noch einmal zum politischen Kampf der greisen Giganten? «Sag es! Sag es! Sag es!», ruft die Menge. Trump geniesst den Moment. «Glaubt mir, ich will es sagen. Aber ich werde es nicht sagen. Nicht jetzt, jetzt geht es um die Midterms. Aber ich werde es sagen. Ich werde es sehr, sehr, sehr bald sagen. Viel früher, als ihr wahrscheinlich denkt.»

Mehr gibt es nicht an diesem Abend. Mehr braucht es auch nicht. Die« MAGA»-Menge weiss: Ihr «King» wird sie nicht im Stich lassen. Die Show muss schliesslich weitergehen.

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