Was ist Nord Stream 2?
Die Nord-Stream-Pipeline ist eine 1224 Kilometer lange Unterwasser-Gasleitung, die 2011 eingeweiht wurde. Die zweistrangige Leitung transportiert russisches Erdgas vom russischen Wyborg durch die Ostsee ins deutsche Greifswald. Um die Kapazität zu erhöhen, wird seit 2018 die weitgehend parallel verlaufende Pipeline Nord Stream 2 gebaut. Die 1230 Kilometer lange, ebenfalls zweirohrige Leitung soll Ende 2019 eingeweiht werden.
Was hat die Schweiz damit zu tun?
In der Schweiz befinden sich die Firmensitze der beiden wichtigsten Akteure. Eigentümer der Projektgesellschaft Nord Stream 2 AG, die sich in Zug befindet, ist der russische Gaskonzern Gazprom. Präsident des Verwaltungsrats ist der ehemalige deutsche SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder (74). Gebaut wird die Pipeline von der Firma Allseas mit Sitz im freiburgischen Châtel-Saint-Denis.
Warum gibt es so grosse Kontroversen?
Vor allem die Ukraine, Polen und andere Ostblock-Staaten sind verärgert. Einerseits entgehen ihnen durch die neuen Pipelines durchs Meer Durchleitungsgebühren in Milliardenhöhe, die sie dank bestehender Leitungen kassieren. Andererseits befürchten sie, dass ihnen Putin nun nach Belieben den Gashahn zudrehen könnte, ohne dass das Auswirkungen auf die guten Kunden in Westeuropa hätte. US-Präsident Donald Trump (72) wehrt sich dagegen, weil er den Europäern lieber in Tankern geliefertes US-Flüssiggas verkaufen will.
Hat Russland Europa in der Hand?
Zu den vehementesten Gegnern gehört Estlands Aussenminister Sven Mikser (45): «Es ist ein Hebel für Russland, um in die europäische Politik einzugreifen.» Allerdings ist Russland dringend auf Geld angewiesen. Seine Abhängigkeit von Devisen ist grösser als die europäische Abhängigkeit von russischem Erdgas.
Warum braucht Europa russisches Gas?
Die Förderkapazitäten in den Niederlanden, Norwegen und Grossbritannien nehmen ab, zudem will man in Europa vom Atom- und Kohlenstrom abkommen. Russen-Gas ist auch billiger als Flüssiggas aus den USA oder Katar.
Worüber haben sich Frankreich und Deutschland vergangene Woche gestritten?
Paris unterstützte überraschend eine Änderung der EU-Richtlinie, damit die EU-Kommission das Projekt strenger regulieren kann. Die geplante Änderung sieht eine Trennung der unternehmerischen Verantwortung von Gaslieferung und Netzbetrieb vor. Bei Nord Stream 2 liegt beides bei Gazprom. Berlin lehnt das neue Gesetz ab. Inzwischen hat man sich auf einen Kompromiss geeinigt.
Wie gefährlich sind die Pipelines für die Umwelt?
Umweltverbände wollen das Projekt stoppen. Sie befürchten, dass Chemikalien sowie Phosphat, das in Tausenden von Tonnen aus dem Meeresboden in den Wasserkreislauf gelangen könnte, Fische töten würden. Bereits wurden Schmierfettklumpen von Bauschiffen angespült.
Ist auch die Schweiz mit Nord Stream verbunden?
Ja, es führen Pipelines von der Schweiz nach Greifswald. Zurzeit stammt in der Schweiz ein Drittel des verbrauchten Gases aus Russland.