BLICK beantwortet die wichtigsten Fragen
Was steckt hinter dem Mystery-Fall Khashoggi?

In Istanbul wird der saudische Regimekritiker Jamal Khashoggi vermisst. Vermutlich wurde er im saudi-arabischen Konsulat ermordet und zerstückelt. BLICK beantwortet zum verworrenen Fall die wichtigsten Fragen.
Publiziert: 16.10.2018 um 19:35 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2018 um 16:26 Uhr
Guido Felder

Was weiss man über den Fall?

Der Journalist Jamal Khashoggi (60) betrat am frühen Nachmittag des 2. Oktober nach Voranmeldung das saudiarabische Konsulat in Istanbul. Er benötigte eine Bestätigung der Scheidung von seiner saudischen Ex-Frau, damit er seine türkische Verlobte Hatice Cengiz heiraten kann. Seitdem wurde er nicht mehr gesehen.

Was könnte passiert sein?

Es besteht der Verdacht, dass die saudische Führung den Mann auf dem Konsulat ermorden liess. US-Medien berichten von Audio- und Videoaufnahmen, die belegen, dass saudi-arabische Sicherheitskräfte den Journalisten innerhalb von zwei Stunden nach Betreten des Gebäudes gefoltert und umgebracht hätten. Auch wird berichtet, dass die Agenten das Opfer mit einer eigens mitgebrachten Knochensäge zerstückelt und in Koffern aus dem Haus geschmuggelt hätten.

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Hier wurde Khashoggi zum letzten Mal gesehen: das saudi-arabische Konsulat in Istanbul.
Foto: AP

Worauf basiert dieser Verdacht?

Am Morgen des 2. Oktober waren 15 saudische Agenten im Konsulat eingetroffen. Offenbar trug Khashoggi eine Smartwatch, die mit dem Mobiltelefon seiner vor dem Haus wartenden Verlobten gekoppelt war. Die Uhr soll heftige Auseinandersetzungen und Schreie übertragen haben. Zudem hatten die türkischen Mitarbeiter des saudischen Konsulats an jenem Tag überraschenderweise frei bekommen. Dafür war ein Putzteam zu sehen, welches das Konsulat betrat.

Wer ist Jamal Khashoggi?

Khashoggi ist ein Kritiker des saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (33) und arbeitete in Riad als Direktor von Tageszeitungen. Vor über einem Jahr war er aus Angst vor politischer Verfolgung in die USA geflüchtet, wo er zuletzt als Journalist für die «Washington Post» tätig war. Kurz vor seinem Verschwinden hatte er der BBC ein Interview gegeben, in dem er sich kritisch zum israelischen Siedlungsbau äusserte.

Was sagen die Saudis?

Sie behaupteten anfänglich, Khashoggi habe das Konsulat wieder verlassen. Am Dienstag berichteten Medien, dass die Saudis bald eine Erklärung abgeben wollten, wonach Khashoggi bei einem schiefgelaufenen Verhör gestorben sei. Der saudische Kronprinz streitet aber nach wie vor ab, den Auftrag dazu gegeben zu haben. Er gestattete es den Türken, das Haus zu untersuchen.

Was haben die Ermittlungen bisher ergeben?

In der Nacht auf Dienstag durchkämmten türkische Ermittler mit ihren Saudi-Kollegen sowie Hunden neun Stunden lang das Konsulat und suchten den Garten ab. Türkei-Präsident Recep Tayyip Erdogan (64) sprach am Dienstagmittag von ersten Hinweisen. Man habe Spuren giftiger Substanzen gefunden, die überstrichen worden seien. 

Wie reagiert Donald Trump?

Für die USA ist Saudi-Arabien ein wichtiger Handelspartner und guter Waffen-Abnehmer. Die Saudi-Regierung hat Donald Trump (72) vor Jahren auch eine ganze Etage im New Yorker Trump World Tower abgekauft. Der US-Präsident milderte daher seine zuerst scharfen Worte und mutmasst nun, dass «boshafte Killer» hinter der Tat steckten. Trump braucht die Saudis auch für seine Nahost-Pläne: Sein Schwiegersohn Jared Kushner (37) versucht bisher vergebens, die verfeindeten Israeli und Palästinenser einander näherzubringen. Inzwischen hat Trump seinen Aussenminister Mike Pompeo (54) nach Saudi-Arabien geschickt, um Licht in den rätselhaften Fall zu bringen.

Wir reagiert die Welt?

Es herrscht Empörung. Deutschland und Frankreich etwa verlangen eine Aufklärung, die Türkei und Grossbritannien erhöhten den Druck auf Saudi-Arabien. Es herrscht aber auch Angst: Sowohl die saudi-arabische Börse als auch die Landeswährung gaben zwischenzeitlich deutlich nach, bevor sie sich wieder etwas erholten. Für die auf Ende Oktober angesetzte Investorenkonferenz in Riad, die nach dem Vorbild des Schweizer WEF organisiert und auch als «Davos in der Wüste» bezeichnet wird, haben schon mehrere prominente Gäste die Teilnahme abgesagt: So etwa die Chefs der Grossbank J. P. Morgan Chase, von Uber, Viacom und Ford. Am Dienstag gab auch CS-Chef Tidjane Thiam (56) bekannt, dass er nicht nach Riad reisen werde.

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