BLICK beantwortet die Fragen zum Namens-Streit
Darum treibt «Mazedonien» die Griechen zur Weissglut

Am Wochenende gingen in Athen – je nach Quelle – zwischen 140’000 und 1,5 Million Menschen auf die Strasse. Sie protestierten gegen einen Kompromiss im Streit um den künftigen Namen des Nachbarlands Mazedonien.
Publiziert: 05.02.2018 um 20:55 Uhr
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Aktualisiert: 25.01.2019 um 15:01 Uhr
Achtstrahlige Sonne: Auf Protest der Griechen schufen sich die Mazedonier 1995 eine neue Flagge (in der Mitte die alte).
Foto: Getty
Guido Felder

Warum gibt es Streit um den Namen Mazedonien?

Der Konflikt entflammte 1991, als sich die ehemalige jugoslawische Teilrepublik für unabhängig erklärte und sich den Namen Mazedonien (Griechisch «Makedonia») gab. Athen argumentiert, der Name Mazedoniens sei griechischen Ursprungs, er werde bereits für den Norden Griechenlands verwendet. Die Griechen befürchten, dass ihre Nachbarn Anspruch auf diese griechischen Gebiete erheben könnten.

Das Gebiet von Makedonien erstreckt sich heute über mehrere Staaten.
Foto: Blick Grafik

Warum flammt der Streit gerade jetzt auf?

Seit zwei Monaten gibt es unter Uno-Vermittlung intensive Bemühungen, den Streit beizulegen. Der griechische Premierminister Alexis Tsipras (43) hatte zuletzt Bereitschaft signalisiert, den Begriff Mazedonien als Teil des Staatsnamens des Nachbarlands zu akzeptieren. Im Gespräch sind Namen wie Nord-Mazedonien oder Neu-Mazedonien. Weil Griechenlands Aussenminister Nikos Kotzias (67) eine baldige Einigung in Aussicht stellte, erhielt er sogar Morddrohungen.

Wer wehrt sich gegen einen solchen Kompromiss?

Die griechischen Gegner stammen vor allem aus konservativen und rechtspopulistischen Kreisen, aber auch aus Veteranenvereinigungen und der Kirche.

Die Griechen wollen nicht, dass ihre Nachbarn ihr Land Mazedonien nennen.
Foto: Anadolu Agency

Was sagen die Vereinten Nationen?

Die Uno anerkennt das Land unter dem provisorischen Namen «The Former Yugoslav Republic of Macedonia» (F.Y.R.O.M) oder Deutsch «Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien» (E.J.R.M.). Die Uno forderte Griechenland und Mazedonien auf, eine friedliche Einigung im Namenskonflikt zu finden, und hilft bei den Vermittlungen.

Ruft zum Widerstand auf: Komponist Mikis Theodorakis.
Foto: AFP

Wie wirkt sich der Streit auf die Beziehung beider Staaten aus?

Der Streit artete schon 1994 aus, als Griechenland ein Embargo gegen das Nachbarland verhängte. Athen blockiert auch die EU- und die Nato-Mitgliedschaft des Nachbarlands. Auf den Handel hat der Konflikt allerdings kaum mehr wahrnehmbare Auswirkungen. Die Griechen sind die grössten Investoren, sie haben allein in der Hauptstadt Skopje mindestens 5000 Arbeitsplätze geschaffen.

Wie gehts weiter?

Der griechische Präsident Tsipras will über eine Kompromisslösung im Parlament abstimmen lassen. Der bekannte 92-jährige Komponist Mikis Theodorakis («Alexis Sorbas») – der Held des Widerstands gegen die frühere griechische Diktatur – fordert hingegen eine Volksabstimmung. Theodorakis: «Mazedonien war, ist und wird für immer griechisch sein.»

Lautstarker Protest: Die Griechen gingen am Sonntag zu Zehn-, wenn nicht Hunderttausenden auf die Strasse.
Foto: Imago

Wie ist das Gebiet Makedonien entstanden?

Das historische Gebiet Makedonien erstreckt sich über den heutigen Staat Mazedonien, über Nordgriechenland sowie Teile von Bulgarien, Albanien und Serbien. Nachdem das antike Königreich Makedonien (7. Jahrhundert v. Chr. bis 146 v. Chr.) Gestalt annahm und expandierte, änderte sich die Grösse des Gebiets immer wieder. Als die Region zum Osmanischen Reich (1299 bis 1922) gehörte, wurde der Name Makedonien vergessen. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde er wiederbelebt und diente zur Bezeichnung einer geografischen Region. Nachdem die  Balkankriege 1912/13 die Herrschaft des Osmanischen Reichs beendeten, wurde das heute 67’000 Quadratkilometer grosse Gebiet Makedoniens auf die verschiedenen Staaten aufgeteilt.

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