Zwar dürften EU-Mitgliedstaaten für ihre Entscheidungen über Asylbewerber selbst sogenannte sichere Herkunftsländer festlegen, erklärte Generalanwalt Richard de la Tour. Dabei müsse aber klar sein, auf welchen Quellen die Einschätzung gründet, damit sie von Gerichten überprüft werden kann.
Italien mit seiner Rechtsregierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will als erstes EU-Land Asyl-Verfahren ausserhalb der EU über die Bühne bringen. Dazu wurden eigens zwei Lager in Albanien gebaut. Dort sollen eigentlich die Asylanträge von männlichen Migranten aus sicheren Drittstaaten, die im Mittelmeer aufgegriffen wurden, geprüft werden: Wer Anspruch auf Asyl hat, darf nach Italien einreisen - alle anderen müssen zurück. Bislang hat das Modell aber nie funktioniert.
Andere EU-Länder könnten folgen
Um Rückführungen zu beschleunigen, erstellte die italienische Regierung eine Liste sicherer Drittstaaten. Das ist nun Kern des Verfahrens am EuGH: ob sie dazu befugt und die Liste in dieser Form rechtens ist. Die italienische Justiz blockierte das Modell mehrfach. Ein Gericht in Rom rief die europäischen Richter an, weil das italienische Gesetz aus seiner Sicht nicht die Quellen erläutert, auf denen die Einstufung in sichere Länder fusst.
Eigentlich sollen in den beiden Lagern in Albanien italienische Beamte im Schnellverfahren über die Asylanträge von Mittelmeer-Flüchtlingen entscheiden. Bislang stehen sie jedoch leer. An diesem Freitag sollen 40 Asylbewerber, deren Anträge auf italienischem Boden abgelehnt wurden, dorthin gebracht werden. Eigentlich wären dazu aber keine zusätzlichen Lager im Ausland erforderlich.
Das Gutachten des Generalanwalts ist für den EuGH nicht bindend. Häufig folgt das Gericht den Empfehlungen jedoch. Das Urteil wird im Mai oder Juni erwartet. Einen genauen Termin dafür gibt es noch nicht. Es wird nicht nur in Rom mit Spannung erwartet: Sollte das Modell grünes Licht bekommen, könnte es in Europa Schule machen.