«Eine gute Nacht für Donald Trump», «doch keine Blaue Welle» oder «eine leise Enttäuschung für die Demokraten»: Die Meinungen nach den US-Halbzeitwahlen waren gemacht. Obwohl die Demokraten das Repräsentantenhaus zurückeroberten, konnte von einem triumphalen Wahlsieg der Oppositionspartei nicht die Rede sein. US-Präsident Donald Trump (72) erklärte sich und seine Republikaner, die die Mehrheit im Senat behalten konnten, gar zum Wahlsieger und sprach von einem «enormen Erfolg».
Doch knapp zwei Wochen nach den Halbzeitwahlen hat sich das Blatt gewendet. Weil dieses Jahr so viele Menschen wie seit 50 Jahren nicht mehr an Kongresswahlen abstimmten, dauerte das Auszählen der Stimmzettel länger als üblich. Doch je mehr Endresultate nun eintreffen, desto besser sieht es für die Demokraten aus: Nach der Wahlnacht ging der US-Sender CNN davon aus, dass die Demokraten im Repräsentantenhaus eine Mehrheit von 24 bis 35 Sitzen erreichen werden. Tatsächlich dürften es jetzt aber 39 oder gar 40 werden. Und im Senat gewinnen die Republikaner nicht zwei bis drei Sitze hinzu, wie nach dem Wahlabend erwartet wurde, sondern müssen sich mit einem zusätzlichen Sitzgewinn begnügen.
Demokraten so stark wie seit über 40 Jahren nicht mehr
Kam die «Blaue Welle» also einfach verspätet? «Am Wahlabend hat es definitiv noch schlechter ausgesehen für die Demokraten. «Die kleine, blaue Welle entwickelte sich zu einer grösseren Welle», sagt Politikwissenschaftler Peter Gourevitch von der Universität von Kalifornien zu BLICK. Er hebt die Senatssitze in Nevada und Arizona hervor, die die Demokraten von den Republikanern «stehlen» konnten. Die sieben dazu gewonnen Gouverneurssitze runden den Erfolg für die Demokraten ab, sagt US-Politologe T. J. Pempel. «Zwei Wochen später kann man sagen: Die Demokraten haben die Midterms klar und deutlich gewonnen.»
Das Ergebnis nimmt gar historischen Ausmass an. Seit dem Watergate-Skandal in den 1970er-Jahren konnten die Demokraten nicht mehr so viele Sitze im Repräsentantenhaus dazu gewinnen wie dieses Jahr. Auch der damals von einigen Analytikern beschriebene «Erdrutschsieg» der Republikaner im Jahre 2010, nach zwei Jahren unter Barack Obama, fiel im Haus weniger deutlich aus als jener der Demokraten 2018.
Trump hat sich mit Wahltaktik verzettelt
Hat sich Donald Trump im Wahlkampf also doch verzettelt, als er sein Augenmerk auf Migrations- und Einwanderungspolitik legte und die starke US-Wirtschaft nur noch am Rand erwähnte? Ja, meint Politologe Gourevitch. Trumps Lügen über die sogenannte Migranten-Karawane habe vielerorts eine Gegenreaktion ausgelöst. Der US-Präsident behauptete, dass Demokraten für die Karawane bezahlen, dass Terroristen aus dem Mittleren Osten mitlaufen und dass Drogenbanden dabei sind. «Damit konnte er in bereits roten Staaten zwar Wähler mobilisieren, doch in den unbestimmten oder blauen Staaten löste er Abneigung gegen seine Person aus», sagt Gourevitch. Dort habe er demnach Stimmen von moderaten Republikaner verloren, was in einzelnen knappen Rennen den Unterschied ausgemacht habe.
Trump selbst hat vor den Midterms gesagt, dass die Wahlen auch eine Abstimmung über ihn selbst seien. Dass er nun mehr verloren hat als zuerst angenommen, merkte man dem US-Präsidenten in den vergangenen zwei Woche an, auf den Pressekonferenzen und bei der Auslandreise in Paris. Er sei wütend und zerknirscht, beschrieb ein Regierungsmitarbeiter die Stimmungslage von Trump gegenüber US-Medien.
Enttäuscht von sich selbst ist er wohl auch. Denn wie Donald Trump selbst immer sagt: «Ich mag keine Verlierertypen.» Doch jetzt ist er im Nachhinein zum grossen Wahlverlierer 2018 avanciert.
Seit Donald Trump 2016 zum 45. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde, wirbelt er die internationale Politik durcheinander. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit allen Bildern, News & Videos aus den USA.
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