Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Donnerstag in Berlin den Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, empfangen. Zentrales Thema bei dem Mittagessen im Kanzleramt dürfte der Grossangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel sein. Ursprünglich sollte es bei dem Treffen um die im vergangenen Jahr vereinbarte Energiepartnerschaft gehen; sie sieht insbesondere Flüssiggaslieferungen aus Katar als Ersatz für ausgefallene russische Gaslieferungen vor. Begleitet wurde der Besuch von kritischen Stimmen auch aus der Ampel-Koalition. Weil Katar die Hamas finanziell unterstützt, forderte der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kruse, eine sofortige Aussetzung der Energiepartnerschaft mit dem Golfstaat.
Denn: Katar zählt als Unterstützer des islamischen Terrors. Der Staat überweist 30 bis 40 Millionen Dollar pro Monat an die Hamas. Auch die Terror-Gruppen IS, die Taliban in Afghanistan und die Muslimbrüder in Ägypten erhalten finanzielle Unterstützung von dem kleinen Land.
Scholz rechtfertigt Treffen
Scholz hatte am Morgen im Bundestag die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit dem Emirat nach dem Angriff auf Israel betont. Katar habe eine wichtige Mittlerrolle inne, «die es gerade dieser Tage auch nutzt», sagte der Bundeskanzler. Er stehe zudem in engem Kontakt mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi, der über Gesprächskanäle auch nach Gaza verfüge. Zudem kündigte Scholz an, noch am Donnerstag mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu sprechen.
«Alle drei können bei der Vermittlung und Deeskalation in der aktuellen Lage eine wichtige Rolle spielen», sagte Scholz und fügte hinzu: «Den Kritikern solcher Kontakte möchte ich sagen: Es wäre unverantwortlich, in dieser dramatischen Lage nicht alle Kontakte zu nutzen, die helfen können.» Dies geschehe «im Übrigen in enger Abstimmung mit Israel und für diejenigen, die von der Hamas entführt wurden».
Scholz traf schon Abbas
Katar gilt als wichtiger Geldgeber der Hamas im Gazastreifen. Bundesaussenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte am Dienstag mit Blick auf den Besuch des Emirs gesagt, die Bundesregierung werde «keine Terrorunterstützung» akzeptieren. Sie forderte Katar gleichzeitig auf, seinen Einfluss geltend zu machen, um bei der Befreiung der Deutschen zu helfen, die von der Hamas als Geiseln genommen worden sind. Am Vormittag wird der Emir von Katar bereits von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen.
Vor einem Jahr sorgte bereits ein anderes Treffen für Irritation. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas und Olaf Scholz hielten im August 2022 im Bundeshaus eine Pressenkonferenz. Dort bezeichnete Abbas das israelische Vorgehen als «Holocaust» – und sorgte damit für rote Köpfe. Scholz blieb während der Pressekonferenz stumm und verurteilte die Worte erst nachträglich. «Gerade für uns Deutsche ist jegliche Relativierung des Holocaust unerträglich und inakzeptabel», so der Bundeskanzler. (AFP)