Alle Organismen hinterlassen genetische Spuren in ihrer Umwelt, zum Beispiel durch Kot oder Hautpartikel. Deshalb lässt sich die Artenvielfalt eines Ökosystems mit DNA-Analysen charakterisieren, indem die in Proben enthaltenen Erbgut-Fragmente sequenziert und mit Referenzdatenbanken verglichen werden.
Für die in der Fachzeitschrift «Proceedings of the Royal Society B» erschienene Studie sammelten die Forschenden Wasserproben in fünf tropischen Regionen. So fanden sie eine um 16 Prozent höhere Vielfalt an Rifffischen als dies bei früheren, konventionellen Sichtbeobachtungen bei Tauchgängen möglich war.
Und: «Dank der eDNA-Methode können wir viele Fischarten und -familien viel schneller nachweisen als mittels Beobachtungen», liess sich Loïc Pellissier, ETH-Forscher und einer der Studienhauptautoren, in einer Mitteilung seiner Hochschule vom Donnerstag zitieren. Denn während die Analysen der DNA-Proben bloss zwei Jahre dauerte, umfassen die zum Vergleich herangezogenen Sichtbeobachtungen Bestandserhebungen von 13 Jahren.
Die Studie deckte ebenfalls auf, dass die Fischvielfalt im sogenannten Korallen-Dreieck in Südostasien zwischen Borneo, Papua-Neuguinea und den Philippinen besonders hoch ist: Dort gibt es fünfmal mehr Fischarten und -familien als in der Karibik.
Die dürfte gemäss Pellissier unter anderem damit zusammenhängen, dass die Riffe und damit die Fischbestände der Karibik während der Eiszeiten viel stärker schrumpften als im Korallen-Dreieck. Dort blieb die Oberflächentemperatur während der Eiszeiten stabiler, weshalb sich eine besonders grosse Vielfalt entwickeln konnte.
So effizient die Methode der Umwelt-DNA auch ist, hat sie dennoch einen Haken. Denn es können nur Organismen identifiziert werden, deren Erbgut in Referenzdatenbanken vorhanden ist. Deshalb konnten auch in der vorliegenden Studie ein bedeutender Teil der DNA-Fragmente bislang keiner Fischart zugeordnet werden.
Und auch wenn die Lücken in den Datenbanken künftig geschlossen werden - auf Tauchgänge will man dennoch nicht verzichten. Einerseits liessen sich gewisse Arten mit Umwelt-DNA generell schlecht entdecken, hielt die ETH fest. Und andererseits brauche es Sichtungen, um etwa die Grösse der Fische und die Biomasse zu bestimmen.
https://doi.org/10.1098/rspb.2022.0162
(SDA)