Natürlich wurde im Bierzelt gefeiert. Die 500-Jahr-Feier des Reinheitsgebotes an seinem Ursprungsort Ingolstadt verlegten die deutschen Brauer am Freitag in ein grosses Zelt, in den bayerischen Landesfarben weiss und blau geschmückt.
In einer Ecke stand eine Plastik-Bavaria mit vielen Masskrügen in den Händen. Und als Bundeskanzlerin Angela Merkel flankiert von Bierkönigin Marlene Speck und Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner ins Zelt kam, klatschten die geladenen Gäste ergeben.
Kaum an ihrem Platz musste die Kanzlerin unter Blitzlichtgewitter auch schon einen Schluck Bier trinken - alkoholfreies, wie Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt verriet. Mit Politik hielt Merkel sich anschliessend in ihrer launigen Rede kaum auf.
Zwar legte sie ein klares Bekenntnis zum Freihandelsabkommen TTIP ab. Dann aber hatte sie rasch die Lacher auf ihrer Seite, als sie dem Zitat des Reichskanzlers Otto von Bismarck «Es ist ein Grundbedürfnis, beim Bier schlecht über die Regierung zu reden» ihre Worte hinzufügte: «ausser wenn es um die bayerische Staatsregierung geht».
Die Seele der Bierbrauer streichelte Merkel mit der Bemerkung, welch grosse Kreativität die Zunft bei der Verarbeitung von gerade einmal vier Substanzen - Hopfen, Malz, Wasser und Hefe - an den Tag lege. Und sie zitierte Martin Luther, dessen Reformation sich nächstes Jahr ebenfalls zum 500. Mal jährt: «Wer kein Bier hat, hat nichts zu trinken.»
Zuvor hatte Aigner betont, dass 500 Jahre Reinheitsgebot die Seele Bayerns berührten. «Bier ist ein Lebensgefühl, das gepflegt und gefeiert werden muss.» Und in Anspielung auf das derzeit besonders komplizierte Verhältnis der CSU zur grossen Schwester CDU meinte Aigner unter dem Gelächter der Zuhörer an die Adresse Merkels: «Der Bayer ist im Grunde seines Herzens sehr gleichmütig.»
Viel gelacht wurde auch, als Brauer-Bund-Chef Hans-Georg Eils mit dem Hinweis auf eine 85-Prozent-Zustimmung der Deutschen zum Bier zur Kanzlerin sagte: «So viel Zuspruch aus dem Volk bekommen Sie heute nicht einmal für eine Steuersenkung.»
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) nutzte das Grossaufgebot von Politikern dazu, erneut ein Verbot des Pflanzenschutzmittels Glyphosat zu fordern. Das von der Weltgesundheitsorganisation als wahrscheinlich krebserregend eingestufte Präparat wurde neben anderen Lebensmitteln auch im Bier nachgewiesen. Ihre Forderung bekräftigten einige Aktive vor dem Bierzelt im Dirndl mit mehreren Gläsern Bier in der Hand und einem Grossplakat mit dem Slogan «Gemeinsam gegen Glyphosat».