«Besorgniserregend und verstörend»
So viele Hinrichtungen wie seit 25 Jahren nicht mehr

Trauriger Rekord: Im Jahr 2015 wurden deutlich mehr Menschen hingerichtet als im Vorjahr. Alleine im Iran wurden mindestens 977 Gefangene zum Tode verurteilt.
Publiziert: 06.04.2016 um 02:03 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 18:55 Uhr
Mindestens 977 Menschen wurden 2015 im Iran hingerichtet. (Symbolbild)
Foto: Hossein Esmaeli

In vielen Teilen der Welt gilt die Todesstrafe als altertümlich und grausam. Und trotzdem wurden im vergangenen Jahr mehr Menschen hingerichtet als in jedem anderen der vergangenen 25 Jahre. Laut Amnesty International stieg die Zahl der Todesstrafen um mehr als 50 Prozent gegenüber 2014.

Mindestens 1634 Menschen wurden dem Bericht der Menschenrechtsorganisation zufolge im vergangenen Jahr hingerichtet. Die tatsächlichen Zahlen liegen Amnesty zufolge deutlich höher, da China keine endgültigen Zahlen vorweise. «Diese Entwicklung ist besorgniserregend und verstörend», sagt Amnesty-Experte Oliver Hendrich. 

Todesurteile gegen Minderjährige

Fast 90 Prozent der registrierten Hinrichtungen entfallen auf den Iran, Pakistan und Saudi-Arabien. «Oftmals ist die Todesstrafe in diesen Ländern eine Waffe der Repression, um die Bevölkerung und die Opposition einzuschüchtern», sagt Experte Patrick Walder zu BLICK.

Laut dem aktuellen Jahresbericht liess der Iran 2015 mindestens 977 Menschen hinrichten. Zum Vergleich: 2014 waren es mindestens 743. Die meisten von ihnen wegen Drogenkriminalität. Im Iran werden auch Todesurteile gegen Minderjährige vollstreckt.

In Pakistan gab es mehr als 320 Hinrichtungen – die höchste Zahl, die Amnesty jemals für dieses Land dokumentierte. «Das könnte eine populistische Massnahme sein, um zu zeigen, dass man Ruhe und Ordnung herstellt und den Terror bekämpft», sagt Walder. Saudi-Arabien richtete mindestens 158 Menschen hin. 2014 waren es schätzungsweise 90. Die meisten Verurteilten wurden enthauptet.

China verschweigt Hinrichtungen

Das Land mit den meisten Hinrichtungen ist jedoch weiterhin China. Die genaue Zahl wird von der Volksrepublik als Staatsgeheimnis behandelt. Amnesty schätzt aber, dass die Zahl der Exekutionen weiterhin «in die Tausende» geht.

«Wir vermuten, dass China wieder mehr Hinrichtungen ausführen liess als der gesamte Rest der Welt zusammen», sagte Hendrich. Dies würde bedeuten, dass es im vergangenen Jahr weltweit mehr als 3200 Exekutionen gab. Andere Experten gehen von schätzungsweise 2400 Hinrichtungen im Reich der Mitte aus. Dies würde eine Mindestzahl von weltweit 4000 Hinrichtungen bedeuten.

Weniger Exekutionen in den USA

Es gebe aber auch eine positive Entwicklung: Mit Fidschi, Madagaskar, der Demokratischen Republik, Kongo und Suriname schafften 2015 vier weitere Staaten die Todesstrafe vollständig ab. Erstmals seien damit die Staaten, die die Todesstrafe noch verhängen, weltweit in der Minderheit. Für die USA registrierte Amnesty 28 Hinrichtungen, die niedrigste Zahl seit 1991.

Insgesamt wurde die Todesstrafe 2015 noch in 25 Staaten vollstreckt. In Europa vollstreckt als letztes Land nur noch Weissrussland die Todesstrafe. Im vergangenen Jahr gab es dort aber keine Hinrichtungen. 102 Staaten haben die Todesstrafe endgültig abgeschafft. (SDA/jvd)

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