Bern und Zürich befürchten, dass die Demos der Verschwörungstheoretiker noch grösser werden
«Es könnte zu Konfrontationen kommen»

Trotz Versammlungsverbot wollen am Samstag wieder Menschen gegen die Corona-Massnahmen des Bundesrats protestieren. Die Lockerungen verschärfen die Situation für die Behörden.
Publiziert: 12.05.2020 um 23:19 Uhr
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Aktualisiert: 13.05.2020 um 14:27 Uhr
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Den Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause besorgt das Konfliktpotenzial.
Foto: Screenshot Blick TV
Fabienne Kinzelmann

Die Infektionszahlen sinken, die Protestzahlen steigen. Am Wochenende demonstrierten in Zürich, Bern, Basel und St. Gallen Hunderte Menschen gegen die Corona-Massnahmen des Bundesrats. Abstandsregeln? Fehlanzeige.

«Die Leute waren dicht an dicht beieinander, umarmten sich zum Teil und gaben sich die Hände. Das war keine gute Situation», sagt der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) zu BLICK. Die Protestierenden, zu denen mehrheitlich Verschwörungsideologen, Impfgegner, Rechte, Linke und Esoteriker zählen, stellen die Behörden vor eine Herausforderung. «Eine Intervention ist schwierig für die Polizei. Wir machten Verzeigungen und Wegweisungen, haben die Kundgebung aufgelöst.»

Weniger Infektionen, mehr Proteste

Der Psychiater Hans-Rudolf Pfeifer wundert sich nicht, dass die Proteste zeitgleich mit den fallenden Infektionszahlen und den ersten Lockerungen zunehmen. «Die Demonstrationen sind wie ein Wiedererwachen der gesellschaftlichen Aktivitäten.» Meinungsfreiheit sei zwar wichtig, sagt Dennis Uffer, Präsident vom Verein Skeptiker Schweiz, mit Blick auf Verschwörungsideologen – doch nicht um jeden Preis. «Eine Verschwörungstheorie zu produzieren, kostet zehnmal weniger Energie, als sie zu dementieren und rückgängig zu machen. Das ist ein grosses Problem und könnte eine Gefahr für die Demokratie sein.»

Weitere Proteste sind angekündigt

Für das nächste Wochenende sind weitere Proteste angesagt – auch in Bern, wo Reto Nause wegen der seit dieser Woche geltenden Lockerungen mit Sorge auf den kommenden Samstag blickt. «Die Situation wird nicht einfacher, der Markt ist wieder hochgefahren. Da brauchen wir viel mehr Leute. Die Abstandsregeln müssen eingehalten werden.»

Mit höheren Teilnehmerzahlen steige zudem das Konfliktpotenzial. «Ich mache mir Sorgen, dass es plötzlich Konfrontationen geben könnte. Das ist kein gutes Szenario für die Polizeiarbeit.» Kopfzerbrechen bereitet Nause auch die Einstellung vieler Demonstranten: «Ich habe das selber erlebt.» Mit Worten, guten und wohlgemeinten Argumenten, dringe man gar nicht mehr durch.

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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